Von Wolf Stegemann
Er kam am 22. März 1927 als Hilfsprediger von der Freien Lutherischen Kirche in Hamburg an die evangelische Kirche Holsterhausen und wohnte in der Straße „Zum Aap“, die damals noch Lippestraße hieß. Im Dezember konnte er dann in das neu erbaute Pfarrhaus an der Kirche ziehen.
Seine Eltern waren Hermann Paeschke, Kriminalbeamter, und Anna geborene Hillinger. Paeschke, geboren 1883 in Berlin, studierte in seiner Geburtsstadt, war Vikar in Magdeburg, in der Steiermark und in Pommern (1916 bis 1918), Hilfsprediger in Hamburg von 1918 bis 1920, wurde 1919 in Berlin ordiniert und war verheiratet mit Käthe Wendt (2 Kinder). Seine Pfarrstellen waren: Hamburg St. Anschar 1920, Missionsgemeinde Emmaus in Hamburg 1923 bis 1927, Martin-Luther-Kirche Holsterhausen 1927 bis 1933, Karow bis 1943, Dahlenwarsleben 1940 bis 1951, Drewitz/Provinz Sachsen 1951 bis zur Pensionierung 1956.
Dem Judentum sagte der Pfarrer den Kampf an
Der Holsterhausener Geistliche war Nationalsozialist, schon vor 1933 NSDAP-Mitglied und stand als Parteiredner im Dienst der Partei. So sprach er auf Einladung der NSDAP-Ortsgruppe Dorsten am 3. Dezember 1930 im Saal Koop am Markt zum Thema „Nationalsozialismus und Christentum“. In dieser Rede setzte sich Paeschke kritisch mit dem katholischen Zentrum auseinander und bekannte sich persönlich zu Jesus, aber auch zum Nationalsozialismus, „weil dieser eine aus deutschem Wesen und deutscher Not geborene Bewegung“ sei. Paeschke verstand die „christliche Weltanschauung als Kernstück des Kampfes wider den Atheismus“. Es gelte auch, so Paeschkes Thesen, „dem Judentum die Kampfansage“. Denn nicht mit dem Juden, sondern mit dem christlichen Kaufmannsstande sollten die Geschäfte gemacht werden. Der Wähler, so das Credo des geistlichen NSDAP-Wahlredners, solle sich von keinem Priester in den Weg treten lassen, denn sein Gewissen sei an Gott gebunden und nicht an den Priester. „Wenn der Nationalsozialismus nicht zum Ziele kommt, dann ist Deutschland verloren.“
1932 Engagierter Wahlkämpfer für die NSDAP im Lippischen Land
Arthur Paeschke beteiligte sich auch am NSDAP-Wahlkampf im Lippischen Land. Somit fingen die Auseinandersetzungen um den Nationalsozialismus in der Holsterhausener Gemeinde und ihrem nationalsozialistischen Pfarrer bereits lange vor 1933 an. Es kam zum Riss in der Gemeinde, denn nicht alle störten sich an Arthur Paeschkes politischem Tun. Der Pfarrer war Gauwart der Abteilung Kultur und Jugendbewegung beim Gau Westfalen-Nord der NSDAP. 1931 wurde aus der Gemeinde Anzeige beim Konsistorium gegen ihn erstattet, weil er sich politisch gegen die SPK und die KPD betätigte, und das Konsistorium gebeten, Paeschke zu versetzen. Dennoch beförderte ihn die Gemeinde am 27. Februar 1933 einstimmig vom Hilfsprediger zum Pfarrer. Der Riss blieb. Er wurde erst gekittet, als Pfarrer Arthur Paeschke am 1. Juli 1933 nach Karow im Kreis Ziesar (Brandenburg, heute Möckern in Sachsen-Anhalt) versetzt wurde. Von dort ging er als Pfarrer nach Dahlenwarsleben (heute Niedere Börde) und nach Drewitz (heute Möckern in Sachsen-Anhalt), wo er 1956 emeritierte und am 5. April 1963 starb.
Hakenkreuzfahne als Altardecke
Augenzeugen aus Holsterhausen können sich erinnern, dass zu Paeschkes Zeiten vom Kirchturm der Martin-Luther-Kirche neben der Kirchenfahne auch die Hakenkreuzfahne hing. Es sollen sogar Fotos davon existieren, dass auch auf dem Altar eine Hakenkreuzfahne als Altardecke lag. Paeschkes Nachfolger Ernst Krüsmann unterstellte die Gemeinde Holsterhausen der dem Hitler-Regime trotzenden „Bekennenden Kirche“, um den Versuch der nationalsozialistischen „Deutschen Christen“ entgegenzuwirken, die versuchten, die Gemeinde zu beeinflussen.
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Seit Mitte 2010 versuchen Pfarrer Matthias Overath (Martin-Luther-Kirche) und der Autor das Leben Pfarrer Paeschkes zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus zu erforschen. Die Recherchen in der ehemaligen DDR gestalten sich äußerst schwierig.
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Quellen: Friedrich Wilhelm Bauks: Die evangelischen Pfarrer in Westfalen von der Reformationszeit bis 1945. – Archiv der Ev. Landeskirche Westfalen in Bielefeld, Karteiblatt Nr. 4653.