Der Hervest-Dorstener Robert Schormann legte eine NS-Bilderbuchkarriere vom Streckenarbeiter zum Ministerialdirektor im Reichserziehungsministerium hin

Robert Schormann, geboren in Hervest-Dorsten

Von Wolf Stegemann

Nach dem Besuch der Volksschule und der Realschule in Dorsten verdiente der 1906 in Hervest geborene Robert Schormann seinen Lebensunterhalt als Bauarbeiter, Streckenarbeiter und Maschinenbauer. Später trat er als Heizer in die Reichsmarine ein. Während dieser Zeit legte er sein Abitur ab und verbrachte achtzehn Monate auf Auslandsreisen. Im Anschluss an das Fähnrich-Examen gehörte er der Marine fünf Jahre lang an, in denen er als Maschinist an Fahrten der Handelsmarine teilnahm. Nach seinem Ausscheiden aus der Marine betätigte er sich als Maschinenbauer, Vertreter und Platzarbeiter.

Im Oktober 1922 trat Schormann eigenen Angaben zufolge in die NSDAP und SA ein. Nach amtlichen Unterlagen der Reichsregierung und seiner Personalakte erfolgte der Eintritt aber erst am 1. Juli 1930 in die NSDAP und am 1. August 1930 in die SA. 1933 war Schormann Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. Außerdem saß er bis zum 18. November 1933 im Hamburgschen Staatsrat. Des Weiteren war er von 1933 bis zum 1. April 1938 Führer der SA-Brigade 26 (Brandenburg-Ost). Am 15. Januar 1938 übernahm Schormann das Amt des „Gauinspekteurs für Seeschifffahrt“ in der Auslandsorganisation der NSDAP. Von November 1933 bis zum Ende der NS-Herrschaft im Frühjahr 1945 war er Abgeordneter für den Wahlkreis 2 (Berlin-West) und somit Mitglied des Reichstags.

NS-Sport

Steile Karriere in der SA und im Reichsministerium für Erziehung

Seine SA-Karriere war steil: Sturmführer und Sturmbannführer 1932, Obersturmführer und Standartenführer 1933, Oberführer 1934, Gruppenführer 1943. Schon 1932 war Robert Schormann Ausbildungsleiter des Sportlagers Tinsdahl der Untergruppe Hamburg. Nach der Teilnahme an einem SA-Führerlehrgang in Eutin trat er 1938 in die Oberste SA-Führung ein und galt seit 1939 als hauptberuflicher SA-Führer und Stabsführer der Gruppe Sudeten. Im gleichen Jahr wurde er nach Kriegsbeginn als Obermaschinenwart (Leutnant) zur Kriegsmarine eingezogen, aber 1942 vom Kriegsdienst wieder frei gestellt. Denn er wurde als Nachfolger des tödlich verunglückten Ministerialdirektors Dr. Krümmel ins Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung berufen, wo er kommissarisch das Amt für körperliche Erziehung übernahm. Reichsminister Bernhard Rust begründete bei der Amtseinführung, warum er Robert Schormann als „unabkömmlich“ von der Front zurückholen ließ, mit folgenden Worten:

„Die körperliche Ertüchtigung der deutschen Schul- und Universitätsjugend und ihre Ausrichtung auf den militärischen Einsatz gehört zu den kriegswichtigsten Aufgaben meines Ministeriums. Für ihre Durchführung ist SA-Gruppenführer Schormann unentbehrlich und unersetzbar.“

Eine Mitteilung, die der Personalakte beiliegt, sagt aus, dass der gebürtige Hervest-Dorstener sich seit dem Jahre 1915 dem Sport und besonders der Leichtathletik widmete, am Aufbau des Wehrsports und der Leibeserziehung in der SA entscheidenden Anteil hatte und bei der Organisation aller Großveranstaltungen der SA auf diesem Gebiete maßgeblich beteiligt gewesen war. Stabschef Schepmann, der Nachfolger des verstorbenen Stabschefs Viktor Lutze, der früher Briefträger in Dorsten war, ernannte Schormann außerdem 1944 zum Chef des Amtes Ausbildung in der SA.

Briefmarke aus dem Olympiasatz 1936

Als Ministerialdirektor im widerruflichen Beamtenverhältnis

Somit führte ein hochrangiger SA-Führer ein Amt in einem Ministerium und war gleichzeitig Chef des Amtes Ausbildung in der SA. Dahinter könnte sich eine ganz andere Auseinandersetzung verborgen haben, mit der sich 1994 der Sozialwissenschaftler Benett in seinem Buch „Sozial- und Zeitgeschichte des Sports“ befasste. Die von Reichsleiter Martin Bormann genehmigte Formulierung für die Stellung Schormanns: „Ministerialdirektor unter Berufung ins widerrufliche Beamtenverhältnis“ ließ erkennen, dass für eine eventuelle Ablösung Schormanns die Möglichkeit von vorne herein geschaffen wurde. Denn der Dorstener Robert Schormann war kein Erziehungsfachmann, sondern in erster Linie ein hauptamtlicher SA-Führer. Allerdings weist Schormanns Ämterkombination auf die Tatsache hin, dass Partei (SA) und Staat eine enge Verbindung eingegangen waren.

Wie es Schormann bei Kriegsende oder nach dem Krieg ergangen ist, ist nicht bekannt. Erst 1954 ist er im Adressbuch der Stadt Cuxhaven, wo er 1962 starb, erwähnt. In den vorangegangenen Adressbüchern von 1949/50 und 1952 steht er noch nicht. Er wohnte in der Wetternstraße 1. Sein Beruf war zuerst mit „Schiffsingenieur“ angegeben. In den Cuxhavener Standesamtsakten ist er als „Büroangestellter“ bezeichnet.

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Quelle: Auskunft Stadtarchiv Cuxhaven 2010; entnommen dem in Kürze erscheinenden Dorsten-Lexikon.
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