Eines schönen Tages führte der .zehnjährige Adolf Hitler ein paar seiner Kameraden in den Schuppen hinter der Mühle und deutete auf einen Sautrog, der dort zusammen mit anderen Gerätschaften untergebracht war.
„Auf, los“, sagte der Anführer, „wir holen den Trog heraus, verstreichen ihn innen mit Lehm, und dann haben wir ein flottes Schiff, mit dem wir übers Wehr hinunterfahren! Wer macht mit?“
Alle waren sie da bereit und jeder wollte die anderen an Eifer und Mut übertreffen. Der Trog wurde herausgezogen, die Ritzen mit Lehm verschmiert, und heimlich, damit es weder der Müller noch die Eltern merken konnten, wurde das „Boot“ an das Ufer des Baches gebracht, der gerade wieder einmal besonders viel Wasser führte.
Jetzt war den jugendlichen Helden doch etwas das Herz in die Hosen gefallen. Der Adolf war der einzige, der von dem Vorhaben nicht ablassen wollte; im Gegenteil, der Besitz des flotten Schiffes und das viele Wasser im Bach konnten ihn nur noch mehr reizen.
Kurz entschlossen ließ er mit Hilfe seiner Kameraden den Trog vom Ufer in den Bach gleiten, nahm eine lange Stange in die eine Hand und hielt sich mit der anderen an einem seiner Helfer. So stieg er in das schwanke Fahrzeug. Als auf seine letzte Frage wieder keiner der Verschwörer es wagen wollte, mit über das Wehr zu gondeln, zog er kurz entschlossen den Kameraden, den er noch an der Hand hielt, zu sich in den Trog!
Unter dem Hallo der Zurückbleibenden und mit dem Zeter- und Mordiogeschrei seines Passagiers trieb der kleine Adolf, als Steuer die Stange in Händen, dem Wehr zu. Immer schneller schoß das komische Fahrzeug in der Mitte des Baches dahin, kurz vor dem Wehr drehte es sich zweimal, wie ein Karussell, in einem Strudel; ein Ruck mit der Stange, und schon fuhr der Trog mit seinen Insassen in rasender Fahrt über das Wehr.
Wohlbehalten kamen die Seefahrer über Hindernis, und als sie weiter unten wieder legten, da waren die anderen Kameraden auch da, stolz, als ob sie selber einen Sieg fochten hätten.
Der Adolf hatte ihnen wieder einmal gezeigt, daß man wagen muß, um zu gewinnen, durch das Beispiel angefeuert, ruhten sie nicht, bis jeder von ihnen wenigstens einmal Sturmfahrt über das Wehr des Schweigbaches mitgemacht hatte.
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Entnommen: Artur Georg Richter: „So war die Jugend großer Deutscher“ in Deckelmann-Johannesson-Kallbach „Deutsches Lesebuch für höhere Schulen.“, Weidmannsche Buchhandlung, Berlin, 1935.