W. St. – Private Nischen zum Feiern gab es wenige. Zu sehr waren die Partei- und Volksgenossen, ob in der Stadt oder auf dem Land, eingebunden in das große nationalsozialistische Programm, in dem der Einzelne nichts, die Gemeinschaft aber alles war.
Das Feiern übernahm im Allgemeinen die Partei und damit immer mit einer „kulturellen Überhöhung von Ideologie und Institutionen“. Es gab drei Haupttypen des Feierns im nationalsozialistischen Deutschland: Jahreslauf, Lebensfeiern und Morgenfeiern. Dabei versuchten die Nationalsozialisten, die Feiern in eine Parallele zu den christlichen Festen zu bringen. Deshalb besaßen die Feiern oft einen kultischen Charakter. Propagandaminister Goebbels verbot 1935 den Begriff „Kult“ zu verwenden und Hitler selbst grenzte auf dem Reichsparteitag 1938 die nationalsozialistischen Feste nochmals vom „Kult“ ab. Dadurch sollte allerdings nur verschleiert werden, dass die NS-Feste tatsächlich ein „Ersatzunternehmen zum christlichen Kult“ darstellten. Denn in der nationalsozialistischen Sprache, musikalischen Gestaltung und liturgischen Form, in den nationalsozialistischen Propagandatexten, chorischen Dichtungen und Führerworten wurde oft sakrales Vokabular verwendet. Hitler wurde als „Erlöser“ beschrieben, das Blut als „heilig“, die Feldherrnhalle in München als „Altar“, die Fahne als „Sakrament“ usw.
Selbstdarstellung der Partei
Die Funktionen der nationalsozialistischen Feiern dienten der Selbstdarstellung der Partei als „politische Religion“ und die des Führers als „heilbringend“. Die Menschen sollten bedingungslose Gefolgsleute des Nationalsozialismus sein. Allerdings schaffte es der Nationalsozialismus nicht, die christliche Religion und deren Kult zu verdrängen.
Feste im Jahreslauf
Der nationalsozialistische Jahreslauf war angefüllt mit Staatsfeiertagen, Gedenktagen der Partei und des germanisch-deutschen Brauchtums. Traditionsreiche Feiertage wurden oft umgedeutet und gleichgeschaltet. Feiertage waren: „Tag der Machtergreifung“ am 30. Januar – Parteifeiertag zur Erinnerung an die Verkündung des Parteiprogramms am 24. Februar. – „Heldengedenktag“ (umbenannter Volkstrauertag) im März, ab 1939 am 16. März – „Verpflichtung der Jugend“ (Aufnahme der 14-Jährigen in HJ und BDM) am letzten Sonntag im März – Führergeburtstag am 20. April – Maifeiertag am 1. Mai – Muttertag seit 1933 am 2. und von 1938 an am 3. Sonntag im Mai – Sommersonnenwende am 21. Juni – Reichsparteitag in Nürnberg in der ersten Septemberhälfte – Erntetag am Anfang Oktober – Gedenktag für die 16 „Blutzeugen der Bewegung“ des Hitler-Putsches 1923 am 9. November (höchster nationalsozialistischer Feiertag) – Wintersonnenwende am 21. Dezember (erfolgloser Versuch, das Weihnachtsfest zu verdrängen).
Nationalsozialistische Lebensfeiern als Ersatz christlicher Feste
Die Lebensfeiern waren Ersatzfeiern für kirchliche Taufe, Trauung und Begräbnis. Die „Verpflichtung der Jugend“ war Teil der Ersatzfeier für Konfirmation und Firmung. Die nationalsozialistischen Lebensfeiern wurden zu Beginn des Dritten Reiches nur selten gefeiert, hauptsächlich von Angehörigen der SS. In Hervest-Dorsten ließ ein Lehrer seine fünf Kinder unter Eichen taufen. 1936 wurde der Begriff „gottgläubig“ für Wort und Bedeutung christlich eingeführt. Standesämter richteten für Parteimitglieder nationalsozialistische Trauungen aus. Gegenüber den kirchlichen Feiern, vor allem bei Beerdigungen, blieb der Anteil dieser nationalsozialistischen Lebensfeiern vielfach unter 1 Prozent, in einigen Gauen stieg er bis zu 4 Prozent.
Morgenfeiern anstatt Gottesdienst
Morgenfeiern sollten der Ersatz sein für kirchliche Morgenandacht und sonntäglichen Gottesdienst. In den ersten Jahren wurden Morgenfeiern vor allem in Lagern der Hitlerjugend und des BDM veranstaltet. Oft wurden beispielsweise „Heldenehrungsfeiern“ mit „gottesdienstlichen Morgenfeiern“ vermengt, die dann „Weltanschauliche Feierstunden“ genannt wurden. Die Bevölkerung stand diesen Feiern aufgeschlossen gegenüber, zumindest so lange der Krieg noch nicht so viele Opfer forderte. Danach verdrängte die christlich-religiöse Andacht wieder die nationalsozialistische Morgenfeier.
Feierabendgestaltung
Kommunale und regionale Heimatfeste waren gleichgeschaltet und unterlagen einer strengen nationalsozialistischen Ideologie. Selbst Vergnügungen nach Feierabend wurde von einer besonderen staatlichen Einrichtung, durch das „Amt für Feierabend“ für die Volksgenossen gestaltet. Der Historiker Friedemann Bedürftig: „Im nationalsozialistischen Sprachgebrauch wurde die Bezeichnung Feierabendgestaltung auf den gesamten Sektor organisierter Freizeitgestaltung, einschließlich Urlaub und Wochenende, bezogen.“ Die Schützenfeste in Dorsten unterlagen einem von der Partei und übergeordneten staatlichen Stellen besonders vorgeschriebenen rituellen Ablauf, wie andere öffentliche Feste auch. Wie intensiv man sich daran hielt, mag wohl auch am jeweiligen Alkoholkonsum gelegen haben.
Weinfeste sollten den Winzern an Rhein, Saar und Mosel helfen
Reichsweit staatlich inszenierte Feste waren ab 1934 die Weinfeste in den Städten und Dörfern, um die deutschen Winzer, die damals Not litten, zu unterstützen. Über die Partei wurde zu den Weinfesten aufgerufen. Auch in Dorsten. Der NSDAP-Beigeordnete im Rathaus, Fritz Köster, hielt die Bevölkerung an, mehr Wein zu trinken. Es wurde ein „Arbeitsausschuss zur Werbung für den Senheimer Patenwein“ gegründet und sogleich auf dem Marktplatz ein großes Weinfest veranstaltet, das propagandistisch „Fest der deutschen Traube und des Weines“ hieß. Senheim, mit dem Dorsten eine Patenschaft schloss, ist ein heute 600 Einwohner starkes Weindorf an der Mosel im Kreis Cochem-Zell, hat 14 Weingüter, eine Moselbrücke und den Preis „Schönes Dorf“ gewonnen.
NSDAP forderte die Volks- und Parteigenossen zu mehr Weintrinken auf
Bei Anlässen zu Feiern schrieb der Dorstener NSDAP-Beigeordnete Köster Schützen- und Karnevalsvereine, Firmen und Heimatvereine an und erinnerte sie, den guten Senheimer Moselwein zu trinken. Das Schreiben an die Karnevalisten vom 20. Februar 1936 lautet:
„Patenwein zum Karneval! Der Erfolg der Weinwerbewoche im vergangenen Jahre war in der Stadt Dorsten ein recht guter. Alle Volksgenossen, welche zum Gelingen des guten Werkes beigetragen haben, werden, wenn sie an die Not des Winzerstandes an der Mosel denken, wiederum freudig an den Karnevalstagen ein Gläschen Senheimer Patenwein trinken. Ich richte daher an alle Betriebe, Vereine und Verbände, überhaupt an alle Volksgenossen der Stadt Dorsten die dringende Bitte, das Werk der Reichsregierung durch den Genuss des Senheimer Patenweines zu unterstützen. Insbesondere wende ich mich auch an die Besitzer der Gaststätten mit der Bitte, wiederum gern in das Unterstützungswerk der Winzer einzutreten. Ich hoffe, dass ich dem Herrn Landrat in Recklinghausen berichtet kann, dass Dorsten wiederum voll seinen Mann stellt, wenn es darum geht, die Maßnahmen der Reichsregierung zu fördern und zu unterstützen. Heil Hitler! (Unterschrift) Köster, Beigeordneter.“
Die Lokalzeitung unterstrich das Vorhaben:
„Es gilt, im Interesse des deutschen Volkes und im Sinne der nationalsozialistischen Anschauung näher für […] das Produkt der schwer bedrängten und Not leidenden deutschen Winzer, nämlich für den deutschen Wein, zu werben.“
Allerdings waren die Wein- bzw. Winzerfeste keine Erfindung der Nationalsozialisten gewesen. Bereits 1929 lud die Ortsgruppe Hervest-Dorsten des Österreichisch-deutschen Volksbundes für den 29. September zum „diesjährigen Winzerfest“ in den „Westfalen-Hof“ ein, dem ein Festumzug vorausging und sich ein Festball anschloss. Die Mitglieder des Österreichisch-deutschen Volksbundes erschienen in Nationaltracht und führten Nationaltänze auf.
________________________________________________________________
Sehr hilfreich, vielen dank Leute!!!
Ihre Seite ist Toll =)
zupaaaaaaaaa
Anmerkung der Redaktion: Heißt das super? Schmunzel, schmunzel