Nach Kriegsbeginn 1939 musste das Landesaufnahmeheim, das nach der Vertreibung der „Barmherzigen Brüder von Montabaur“ in den leeren Krankenanstalten Maria Lindenhof eingerichtet worden war, dem Reservelazarett Dorsten weichen, das in dieser Funktion bis 1944 als Standortreservelazarett bestand, das der Sanitätsabteilung des Standortlazaretts Münster I unterstand. Danach wurde es wegen der näher rückenden Kriegsfront als Feldlazarett geführt. In den letzten Kriegsmonaten waren hier bis zu 1.000 kriegsverwundete Soldaten untergebracht. Zudem war von Oktober 1940 bis 1945 in den Gebäuden von Maria Lindenhof ein Kriegsgefangenenlazarett (Stalag 6 J Dorsten) untergebracht, das zeitweise von der SS bewacht wurde.
Das Reservelazarett wurde nach der Beschlagnahme des St. Ursulaklosters im Juli 1941 um eine Amputiertenabteilung erweitert. Ärzte aller Fachrichtungen arbeiteten mit weltlichen Rot-Kreuz- und Krankenordensschwestern zusammen. Im Gebäudekomplex Maria Lindenhof hatte die Wehrmacht etwa 25 Zivilpersonen angestellt, die in der Verwaltung, der Küche, der Wäscherei und der Gärtnerei tätig waren. Nach Aussagen damaliger Mitarbeiter wurde das Lazarett mit Lebensmitteln stets gut versorgt, so dass die Beköstigung der verwundeten Soldaten gesichert war. Auch im medizinisch-technischen Bereich war das Lazarett offenbar gut ausgestattet, selbst Fälle von Fleckfieber, Tuberkulose, Typhus, Syphilis oder Malaria konnten behandelt werden. Für schwere Operationen standen zwei synthetische und antiseptische Operationssäle bereit.
Mit Kriegsgerichtsverfahren gedroht
Das Arbeitsklima war durchweg gut, doch zeigt das nachfolgende Beispiel, dass es in Einzelfällen auch zu Konflikten kam. So wurde eine medizinisch-technische Assistentin von ihrem Vorgesetzten, einem SS-Mann, gerügt und sogar mit einem Kriegsgerichtsverfahren bedroht, weil sie die Ansicht vertrat, dass die Patienten der Kriegsgefangenenabteilung, die sich in abgeschlossenen Räumen unter dem Dach des Lazaretts befand, medizinisch genauso versorgt werden müssten wie die anderen Patienten. Da auch die Ärzte bei der medizinischen Behandlung keinen Unterschied machten zwischen den verwundeten deutschen Soldaten und Kriegsgefangenen, wurde die Angelegenheit von dem SS-Mann nicht weiter verfolgt.
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Quelle: Nach Jörg Gerle/Thomas Wagner „Das Reservelazarett Dorsten 1939-1944“ in HK 1990.