Von Wolf Stegemann
»Stadt-, Landes-, Reichs- und Hitlerflaggen«, so die Dorstener Volkszeitung vom 21. April 1933, »wehten besonders feierlich in der Stadt«, als am 20. April 1933 (»im Jahre der Erhebung«) die aus dem Jahre 1896 stammende »Germania« an der Gahlener Straße neu aufgestellt wurde. Etliche Jahre verbrachte die germanische Symbolfigur unbeachtet in irgendeinem Schuppen. Das ließen die an die Macht gekommenen Nationalsozialisten nicht mehr zu. So zierte sie fortan hoch aufgerichtet wieder einen Sockel, um mit heroisch verklärtem Blick die Dorstener zu mahnen, im neuen Deutschland gefälligst Helden zu sein.
Die Unterzeichnung der Aufstellungsurkunde (heute in Privatbesitz), in der Adolf Hitler kurioserweise noch als »derzeitiger« Reichskanzler bezeichnet ist, fand am 20. April 1933 nachmittags im Sitzungssaal des Rathauses statt, in dem sich bereits Magistrat, Stadtverordnetenvorsteher und die Führer der NSDAP eingefunden hatten. Bürgermeister Dr. Lürken – der wenige Monate später unter hässlichen Umständen von den Nazis abgelöst wurde – begrüßte auch NSDAP-Landrat Matthaei, der in dieser Funktion das erste Mal in der Lippestadt weilte.
Feuerwehr spielte »Es braust ein Ruf wie Donnerhall«
Gegen 19 Uhr zog die Festversammlung zusammen mit Fahnenabordnungen bürgerlicher Vereine und Verbände, der NSDAP, SA und SS zu dem mit einem schwarz-weiß-roten Tuch verhüllten Kriegerdenkmal an der Gahlener Straße.
Stiefmütterchen umkränzten den Fuß des Ehrenmals. Ein Hitler- und ein Hindenburgbild, gemalt von dem Dorstener Willi Singor, waren an den Seiten angebracht. Am Podium war die Hakenkreuzfahne befestigt. Mit »Es braust ein Ruf wie Donnerhall« leitete die Feuerwehrkapelle den Festakt ein, dem sich ein Prolog des SA-Mannes Drewes anschloss. Die nachfolgenden Redner gaben »der hehren Freude« Ausdruck, dass es den vereinten Bemühungen des Kriegervereins und der NSDAP gelungen sei, das »altehrwürdige Denkmal« wieder aufzustellen. Es solle zum Gedächtnis an die gefallenen Kameraden dienen und zum andern die Einheit des Deutschen Reiches symbolisieren. »Wir hoffen von ganzem Herzen und flehen zu Gott, dass diese Einheit nie vergehen möge.« Der Vorsitzende des Kriegervereins, der Verleger Joseph Weber, bat schließlich den Landrat, die nationalsozialistische Weihe des Denkmals vorzunehmen. Matthaei erinnerte an die Opfer des deutschen Volkes, die »nie sinnlos gewesen waren«. Der Redner fuhr fort:
»Wenn heute Hitler an der Spitze des deutschen Volkes stehe, dann müssten wir eigentlich unserem Herrgott auf Knien danken, dass er diese Gnade dem deutschen Volke zukommen lasse.«
Dabei verneigte sich Landrat Matthaei vor den Blutopfern der SA. Die Zeitung zitiert den Schluss seiner Rede bevor er beim Krachen von Böllerschüssen der »Germania« das schwarz-weiß-rote Tuch vom eisernen Leib zog:
»Der 30. Januar und der 21. März 1933 hätten das deutsche Volk aufatmen lassen. Dankbar müssen wir sein, dass Hindenburg und Hitler Auge in Auge und Hand in Hand vor Gott ein Bekenntnis abgelegt hätten: Wir wollen Deutschland wieder zur Höhe führen. «