SA und Polizei zerschlugen die KPD – Funktionäre wurden in Schutzhaft genommen

Von Wolf Stegemann
Während sich Regierung und Polizei bis 1933 meist nur auf Beobachtung und Erfassung von Nachrichten über die KPD beschränk­ten, hin und wieder eine erfolglose Haus­durchsuchung durchführten, schlug nach der Machtübernahme Adolf Hitlers seine vor­dem selbst überwachte NSDAP-SA gegen die KPD und ihre Funktionäre voll zu. An­fang März 1933, noch vor den »freien« März­wahlen, bei denen die Kommunisten ihre ge­wonnenen Mandate per Verordnung »nicht besetzen« durften, nahmen Polizeibeamte in Begleitung von SA-Männern, die zu Hilfspo­lizisten per Gesetz gemacht wurden, in Lem­beck, Holsterhausen, Hervest-Dorsten und in der gesamten Herrlichkeit Hausdurchsu­chungen und Verhaftungen von Kommuni­sten vor. Meist war es so, dass SA-Männer die Verhaftungen vornahmen, an denen ein Landjäger als »Alibi« teilnahm. Beschlag­nahmte Flugblätter, Wahlplakate und Zei­tungen, von der NSDAP als »Zersetzungs­schriften« deklariert, waren für die Nazis der „Beweis für hochverräterische Tätigkeit« der KPD. Die Volkszeitung berichtete am 3. März 1933, dass in Fortführung der Aktion gegen die KPD mehrere Funktionäre dieser Partei in der Herrlichkeit und Dorsten in Schutzhaft genommen“ worden waren. In Holsterhausen wurde die Geschäftsstelle der KPD an der Borkener Straße polizeilich ge­schlossen.

Zechpreller standen im Verdacht, Kommunisten zu sein

Sogar einfache Zechpreller, junge Burschen, die am 1. März 1933 im Dorstener Bahnhofs­hotel die Zeche nicht bezahlten, wurden ver­dächtigt, Kommunisten zu sein. Die dem Zentrum offen geneigte Dorstener Volkszei­tung machte in ihrer Berichterstattung kei­nen Hehl daraus, dass sie sich über die Kommunisten-Hatz freue: »Hoffentlich gelingt es der Polizei, die Zechpreller, die anscheinend der Kommunistischen Partei angehören, zu ermitteln.«

Letzte kraftvolle Demonstrationen vor dem Verbot

Im Zuge des Verbots der KPD wurden auch die Dorstener Ortsgruppen der KPD aufge­löst. Ihre letzten kraftvollen Demonstratio­nen in Hervest-Dorsten und Holsterhausen, von der Volkszeitung verschwiegen, brach­ten keinen Erfolg mehr. Der NS-Apparat schlug zu. Er bediente sich dabei der jahre­langen Aufklärungsarbeit der Polizeidienst­stellen.

Der Zugriff war perfekt. Wer nicht rechtzei­tig fliehen konnte, wurde verhaftet und in das berüchtigte Recklinghäuser Polizeigefängnis gebracht. Dort wurden sie geschla­gen und getreten. Als sie zurückkamen, schwiegen sie über das dort Erlebte. Einige blieben jahrelang in »Schutzhaft«. Otto Budzus war einer der ersten, die schon bei der großen Verhaftungsaktion gegen Kommunisten festgenommen wurden. Am 24. Dezember 1933 kam er wieder frei. Max Fabian war vom Juni 1933 bis Februar 1934 im KZ Papenburg, dort waren ebenfalls Jo­hann Nuschler und Gustav Ossa, die Anfang 1934 entlassen wurden. Heinrich Bolz war vier Jahre im KZ Papenburg. In Gefängnissen bzw. Lagern waren außer­dem: Adolf Jacobi, Fritz Kuprella, Josef Pieck, Emil Pyschny, Artur Ringert, Her­mann Sadowsky, Gustav Sobiech, Heinrich Schröter, Käthe Vogel, Fritz Möhring, Adolf Gädke, Schortemeyer, Gustav Labendz, Eduard Albrecht, Max Bauch, Hans de Beyer, Kurt Hoog, Albert Kumetat und Jo­sef Schröter (kein Anspruch auf Vollständig­keit).

Nach den ersten wilden Verhaftungen durch die SA-Hilfspolizei folgte der geordnete Terror durch die Gestapo. In Dorsten regte sich kein kommunistischer Widerstand. Wer aus der Haft entlassen wurde (in der Regel wenige Monate nach der Festnahme), schwieg und versuchte, schlecht und recht für seine wirtschaftliche Existenz zu sorgen. Meist bekamen Kommunisten keine Arbeit mehr, lebten von Zufallsarbeiten und von der Wohlfahrt. Erst 1938 besserte sich die Si­tuation für »ehemalige« Kommunisten. Durch Dienstverpflichtung bekamen sie Ar­beit und Brot.

Widerstand der Kommunisten verstummte

Doch ihrer Anschauung blieben die meisten Kommunisten treu. Bei Spaziergängen tra­fen sie sich beispielsweise im Stadtsbusch, um unbeobachtet reden zu können. Edmund Labendz erinnert sich: »Im Frühjahr 1943 traf sich dort mein Vater mit Otto Budzus, um zu besprechen, wie und ob ein Wider­standskampf in Dorsten zu führen sei. Doch ist nie etwas daraus geworden.« Budzus wurde 1944 erneut verhaftet. Paul Vogel ver­schwand Ende 1943.

Nach Einnahme der Stadt setzten die Ameri­kaner Kommunisten als Bürgermeister und Polizeibeamte ein – wenn auch nur für we­nige Wochen: Gustav Ossa wurde Bürger­meister von Hervest-Dorsten, Otto Budzus Kripo-Chef von Hervest-Dorsten und Hans Nuschler Kripo-Chef in Holsterhausen. Nach 1945 gehörten sie zu den Mitbegrün­dern der Nachkriegs-KPD in Dorsten, die 1956 wieder verboten wurde. Es waren nur noch wenige Kommunisten aus der Kampfzeit 1933, darunter die inzwischen verstorbenen Fritz Dressler und Gustav Sobiech, die im Jahre 1969 zusammen mit jun­gen Genossen die Dorstener Ortsgruppe der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) ins Leben riefen. Es war die dritte Gründung einer kommunistischen Partei in Dorsten.

 

 

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