W. St. – Einzig für den Zweck, politische Gegner wie Kommunisten, Sozialdemokraten aber auch Juden zu verhaften, zu terrorisieren, zu verschleppen und zu verprügeln hat die bis 1933 wegen ihrer Unparteilichkeit gelobte Polizei eine „Hilfspolizei“ (HiPo) zur Seite gestellt bekommen. Sie bestand lediglich von Februar bis Mitte August 1933. Danach wurde sie wieder aufgelöst, weil die Polizeien im Reich die oben genannten Aufgaben nach den mittlerweile geänderten Gesetzen selbst übernahm.
In Creglingen erschlug die SA-Hilfspolizei zwei Juden
Die Hilfspolizei bestand aus SS-, SA- und Stahlhelm-Angehörigen. An der Seite von regulären Polizeibeamten, aber auch selbstständig, richteten sie in Wirtschaften, öffentlichen Gebäuden, in Kellern und Baracken Gefängnisse ein, um dort die Festgenommenen oft tagelang zu „verhören“, das heißt mitunter grausam und bestialisch zu schlagen. In der württembergisch-fränkischen Tauberstadt Creglingen wurden am 25. März 1933 durch ein „Rollkommando“ Heilbronner SA unter dem Standartenführer Klein, unterstützt von Polizei und örtlichen SA-Leuten 16 jüdische Bürger aus dem Gottesdienst heraus verhaftet, aufs Rathaus verschleppt und „verhört“, das heißt mit Stahlruten so bestialisch misshandelt, dass sie starben. Es waren die ersten toten Juden im ganzen Reich. Der Holocaust hatte im kleinen romantisch gelegenen Ort Creglingen, nahe von Rothenburg ob der Tauber, ihren Anfang genommen.
Verfassungsrechte am 28. Februar 1933 aufgehoben
Rechtlich verstärkt wurde die Willkür der SA als Hilfspolizisten durch die von Reichspräsident Paul von Hindenburg am 28. Februar 1933, dem Tag nach dem Brand des Reichstagsgebäudes, unterzeichnete „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“. Durch diese Verordnung wurden die Grundrechte der Verfassung auf unbestimmte Zeit außer Kraft gesetzt. Nun konnten Polizei und SA politische Gegner und Juden ohne gerichtliche Kontrolle verhaften. Durch ihre Rolle als Hilfspolizei hatte die SA nunmehr auch die Möglichkeit zu allgemeinem Straßenterror, ohne eine gesetzliche Verfolgung fürchten zu müssen. Hermann Göring (NSDAP) wurde im Januar 1933 im Kabinette Hitler zum Reichskommissar für das preußische Innenministerium ernannt. In dieser Funktion war er Dienstherr der gesamten preußischen Polizei und spielte so bei der Machtübernahme und dem Aufbau des nationalsozialistischen Regimes eine entscheidende Rolle, da man sich nur mittels der Kontrolle über die exekutiven Ordnungsorgane der politischen Gegner entledigen konnte. Nur sehr selten kam es deswegen zu Gerichtsverhandlungen, noch seltener zu Verurteilungen wie am 23. Juni 1939, als das Schwurgericht Köln SA-Leute verurteilte, die im Oktober 1933 einen angeblichen Kommunisten erschossen hatten.
Strikte Zusammenarbeit zwischen regulärer Polizei und der SA und SS
So ordnete Göring am 22. Februar 1933 die Bildung einer Hilfspolizei an, die sich vornehmlich aus SA, SS und der paramilitärischen Gruppe Stahlhelm und Bunde der Frontsoldaten rekrutieren sollte. Die Polizeibeamten hatte Göring schon am 17. Februar 1933 angewiesen, mit diesen „nationalen Verbänden, in deren Kreisen die wichtigsten staatserhaltenden Kräfte vertreten sind, das beste Einvernehmen herzustellen“.
Hermann Göring beauftragte de SS-Gruppenführer Kurt Daluege, als „Kommissar zur besonderen Verwendung“ den Polizeiapparat von angeblich „unzuverlässigen Elementen“ zu säubern. An die Kommandostellen der preußischen Polizei erging ein Befehl, in dem es heißt: „Dem Treiben staatsfeindlicher Organisationen ist mit den schärfsten Mitteln entgegenzutreten. Polizeibeamte, die in Ausübung dieser Pflichten von der Schusswaffe Gebrauch machen, werden ohne Rücksicht auf die Folgen des Schusswaffengebrauchs von mir gedeckt. Wer hingegen in falscher Rücksichtnahme versagt, hat dienststrafrechtliche Folgen zu gewärtigen“. Das hatte die praktische Wirkung eines Schießbefehls und war die unverhohlene Aufforderung zu politischer Willkür. Die Männer wurden mit Waffenbeständen aus den Polizeikasernen ausgerüstet. Eine eigene Uniform erhielten sie nicht. Nur sehr selten kam es deswegen zu Gerichtsverhandlungen, noch seltener zu Verurteilungen wie am 23. Juni 1939, als das Schwurgericht Köln SA-Leute verurteilte, die im Oktober 1933 einen angeblichen Kommunisten erschossen hatten.
In Preußen 40.000 Hilfspolizisten aus SA und SS
Das preußische Modell wurde recht schnell in anderen Ländern übernommen: In Hamburg wurde eine HiPo durch Senatsbeschluss am 15. März aufgestellt, in Württemberg am 10. März, ebenso in Bayern am 9./10. März 1933. Insgesamt wurden in Preußen 40.000 SA- und SS-Leute (25.000 SA- und 15.000 SS-Mitglieder) sowie 10.000 Stahlhelmleute zu Hilfspolizisten ernannt und bewaffnet. Sie trugen eine weiße Armbinde mit der Aufschrift „Hilfspolizei“. Der Umfang der den regulären Polizeikräften zur Seite gestellten HiPo-Angehörigen konnte sehr unterschiedlich ausfallen. Insgesamt sollte die HiPo etwa zehn Prozent der bestehenden Polizeikräfte ausmachen. So wurden etwa in Aachen (Rheinprovinz) 100 Hilfspolizisten einberufen, davon gehörten 32 der SS, 46 der SA und 22 dem Stahlhelm an. Ferner wird geschätzt, dass allein in Berlin etwa 3.000 bis 5.000 SA-Männer zu Hilfspolizisten ernannt wurden. Im Land Braunschweig gab es 1.750, in Württemberg 2.445 HiPo-Angehörige.
Zwar mussten nach einem Verteilungsschlüssel von den insgesamt 50.000 in Preußen eingestellten Hilfspolizisten auch ein Fünftel vom „Stahlhelm“ kommen, doch hatte Göring zur Kontrolle seiner Erlasse zugleich einige „Kommissare zur besonderen Verfügung“ eingestellt, die meistens SS-Führer waren, aber keine staatliche Funktion besaßen. Das bedeutete, dass Parteifunktionäre und somit Privatpersonen nun den Zugriff auf die staatliche Verwaltung erhielten.
Hilfspolizei ging mit Brutalität gegen politische Gegner und Juden vor
Die Hilfspolizei wurde von der NS-Regierung in den ersten Monaten als Werkzeug zur Befestigung ihrer Macht zur Unterstützung der regulären Polizei eingesetzt. Der Schwerpunkt der polizeilichen Wirksamkeit dieser SA-Kräfte lag dementsprechend im politisch-polizeilichen Bereich, also in der Bekämpfung von tatsächlichen und angeblichen politischen Gegnern der Nationalsozialisten. Hierbei ging die HiPo mit äußerster Brutalität vor und verschleppte ihre Gegner in provisorische Folterstätten und „wilde“ Konzentrationslager. Kriminalistische Polizeiaufgaben im eigentlichen Sinne erledigte die HiPo nur in Ausnahmefällen. Die HiPo-Angehörigen gingen kein Beamtenverhältnis ein, nur gelegentlich kam es zur Indienstnahme durch das preußische Innenministerium. Die HiPo-Einheiten waren teilweise kaserniert und waren nur an größere Polizeipräsidialbezirke angebunden. Sie erhielten für ihre Dienste eine finanzielle Aufwandsentschädigung. Hiermit gut ausgestattet waren damit „einfache SA- und SS-Männer, die bisher gegen den Staat operiert hatten und nun – ausgerüstet mit Waffen der Polizeibehörden – freie Hand ,von ganz oben’ hatten. Eine Eskalation der Gewalt war damit gewissermaßen vorprogrammiert.“ Die HiPo-Angehörigen hatten nach Jahren des Straßenkampfes und der Arbeitslosigkeit das Gefühl, „nun endlich ,von der Kette gelassen’ worden zu sein“. Sie wollten „regelrechte Rachefeldzüge gegen politische Gegner, allen voran die Kommunisten, durchführen und rücksichtslos ,offene Rechnungen’ begleichen.“
HiPo-Auflösung nach wenigen Monaten Terror
Die HiPo wurde im Verlaufe des Monats August 1933 praktisch in allen preußischen Regierungsbezirken wieder aufgelöst. Vorausgegangen war eine Mitteilung von Reichsinnenminister Wilhelm Frick vom 13. Juli, dass nach dem 15. August keinerlei Mittel zum Unterhalt der HiPo-Angehörigen mehr gezahlt würden. Reste der Gruppen wurden in „polizeiliche Sondereinheiten“ umstrukturiert. Nach der Auflösung wurden beispielsweise einige SS-Gruppen als kasernierte Hundertschaften in die SS-Sonderkommandos integriert und dort als Kern der späteren SS-Verfügungstruppe reorganisiert. Zahlreiche HiPo-Männer, vor allem aus der SS, wurden schon vor dem August in den Dienst erster „wilder“ Konzentrationslager gestellt und dort als Wachpersonal eingesetzt, so etwa in den Konzantrationslagern Ahrensbrock, Breitenau, Kemna bei Wuppertal (SA), im sächsischen Lichtenburg und in Sonnenburg bei Küstrin.