Dr. med. Max Rohde – Er gehörte als 16-Jähriger dem berüchtigten Freikorps Lichtschlag an und war als Arzt bis Kriegsende in das NS-Ermordungsprogramm Geisteskranker verstrickt

Dr. Max Rohde und seine Frau Hikde, Passfotos 1953

W. St. – 1904 in Dorsten bis 1976 in Langenfeld; Facharzt für Neurologie in LVR-Pflege- und Heilanstalten der Psychiatrie, zwischen 1933 bis 1945 im Bereich der Euthanasie als Abteilungsarzt tätig, der mit Kollegen Psychiatriepatienten nach dem NS-„Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ zwangsterilisierte und in die Vernichtungsanstalten überführte. – Sein Dorstener Elternhaus stand gleich neben dem heutigen Alten Rathaus an der Ecke der Gordulagasse. Dort wuchs er mit drei Brüdern und einer Schwester auf. Sein Vater war der Kupferschmiedemeister Ludwig Rohde. Sein Sohn besuchte das Gymnasium Petrinum. Als nach dem Ersten Weltkrieg die Spartakisten und die Rote Ruhr-Armee auf dem Weg nach Dorsten waren, um es zu besetzen, kam ein Reichswehroffizier ins Gymnasium, der mit einer zündenden Ansprache Mitstreiter gegen die Spartakisten suchte. Mit anderen Schülern meldete sich Max Rohde. Nachdem die Spartakisten die Stadt besetzt hatten, fuhr er mit 20 Mark in der Tasche mit seinen Freunden nach Münster, um der eventuellen Gefahr durch die Spartakisten zu entgehen. In Münster traf er seinen älteren Bruder, der Mitglied in einer akademischen Wehr war. Der 16-jährige Max Rohde machte sich älter und wurde Soldat im berüchtigten Freikorps Lichtschlag, das in Dorsten mit brutaler Gewalt die Spartakisten vertrieb. Max Rhode blieb allerdings als Funker in der Kaserne in Münster. Weiterlesen

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Depromotionen an deutschen Universitäten 1933 bis 1945 – Aberkennung der Doktorwürde aus juristischen, rassischen oder politischen Gründen. Auch zwei Dorstener Petrinum-Schüler waren dabei

Von Wolf Stegemann

Nach dem Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933 konnten „Reichsangehörige, die sich im Ausland aufhalten, der deutschen Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt werden, sofern sie durch ein Verhalten, das gegen die Pflicht zur Treue gegen Reich und Volk verstößt, die deutschen Belange geschädigt haben“. Durch Arisierungspolitik und „forcierte Auswanderung“ zur Emigration gezwungen, verloren danach neben politischen Gegnern des NS-Regimes auch viele jüdische Akademiker ihre deutsche Staatsangehörigkeit. Weiterlesen

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Depromotion 1941 – Wegen Schwangerschaftsabbrüchen wurde der Frauenarzt Dr. Otto Grosse-Wietfeld 1938 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt und ihm der Doktorgrad entzogen

Unter allen Depromotionen aufgrund eines Strafurteils war das Delikt der Schwangerschaftsunterbrechung an den Medizinischen Fakultäten am häufigsten. Die Abtreibung war bereits vor 1933 strafbar und hatte auch damals schon in Einzelfällen zur Aberkennung des Doktortitels geführt. Nach der Machtübernahme wurde sie jedoch als ein bevölkerungspolitisches Instrument eingesetzt, das in zweierlei Richtung wirken sollte: Zum einen wurden die Strafen für Abtreibung an „arischen“ Kindern drastisch erhöht, um die „Lebenskraft des deutschen Volkes“ zu schützen, zum andern wurde sie nicht nur gefördert, sondern als eugenische Zwangsmaßnahme angeordnet und eingesetzt. Letzteres betraf vor allem die Zwangsarbeiterinnen in Deutschland, an denen im Verlaufe des Krieges eine Vielzahl von Schwangerschaftsabbrüchen durch Ärztinnen und Ärzte durchgeführt wurde. In der Erlanger Universitäts-Frauenklinik wurden in den Jahren 1943 bis 1945 mindestens 136 Abtreibungen an „Ostarbeiterinnen“ vorgenommen.
Es ging den NS-Machthabern bei der Bestrafung der Abtreibung also nicht um den grundsätzlichen Schutz des ungeborenen Lebens, sondern um die Durchsetzung ihrer Rassen- und Bevölkerungspolitik. Vor diesem spezifischen Hintergrund müssen demzufolge auch diejenigen Aberkennungen gesehen und bewertet werden, die aufgrund entsprechender, teilweise drastischer Strafurteile ausgesprochen wurden, wobei sich die Situation der Angeklagten noch erheblich verschärfte, wenn es sich um einen jüdischen Arzt oder eine jüdische Ärztin handelte. Bei Dr. Otto Grosse-Wietfeld handelt es sich um einen nicht-jüdischen Frauenarzt, der sich wegen Schwangerschaftsabbrüchen dun einer Abtreibung strafrechtlich schuldig gemacht hatte. Weiterlesen

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Wie die NS-Kulturpropaganda deutsche Dichter der Klassik für ihre Ideologie vereinnahmte und dafür Handlanger in Literatur und Wissenschaft fand (I): Goethe

0-Goethe-obenVorwort. In den zwölf Jahren nationalsozialistischer Diktatur war auch die gegenwärtige deutsche Literatur ganz und gar vom Staat gelenkt und die Sichtweisen auf die deutsche Dichtung vergangener Jahrhunderte ebenso vom Nationalsozialismus verbogen wurden. Namhafte Professoren, Literaturwissenschaftler, Deutschlehrer und Schriftsteller stellten die Dichter des Sturm und Drang sowie des Klassizismus – Goethe, Schiller, Storm, Kleist, Lessing – als wahre Nationalsozialisten und Nordmannsgeister hin, die Germanentum und Wikingertum schon immer in sich hatten. Literatur und Publizistik wurden systematisch in den Dienst der Unterdrückung gestellt. Das Verhalten vieler Schriftsteller, die trotz oder gerade wegen der öffentlichen Bücherverbrennung 1933 in Deutschland blieben und veröffentlichten, ist dies das düsterste Kapitel deutscher Literaturgeschichte. Und dem nicht genug. Namhafte Professoren, Studienräte sowie Literatur- und Theaterwissenschaftler versuchten in Gutachten und Veröffentlichungen die Dichter für den Nationalsozialismus, für das Nordmännerdenken und „Wikingertum“ zu verbiegen. Schiller war schon immer Nationalsozialist und Lessings Tellheim ein nordischer Typ. Und der Schriftsteller Will Vesper schrieb: „Wenn ein deutsches Mädchen ein Verhältnis mit einem Juden hat, so werden beide wegen Rassenschande mit Recht verurteilt. Wenn ein deutscher Schriftsteller und eine deutscher Buchhändler ein Verhältnis mit einem jüdischen Verleger eingeht – ist das nicht eine weit schlimmere und gefährlichere Rassenschande? Es genügt aber nun keineswegs, dass man eine einzelne Ratte erwischt und hinauswirft!“ Wie ein Spuk muten heute jene Jahre an, in denen es hieß: „Schiller als Nationalsozialist! Mit Stolz dürfen wir ihn als solchen grüßen!“ Oder: „Mit Recht feiert man Heinrich von Kleist als den Klassiker des Nationalsozialismus.“ Weiterlesen

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Wie die NS-Kulturpropaganda deutsche Dichter der Klassik für ihre Ideologie vereinnahmte und dafür Handlanger in Literatur und Wissenschaft fand (II): Schiller

0-Schiller oben-imagesVorwort. In den zwölf Jahren nationalsozialistischer Diktatur war auch die gegenwärtige deutsche Literatur ganz und gar vom Staat gelenkt und es wurden die Sichtweisen auf die deutsche Dichtung vergangener Jahrhunderte ebenso vom Nationalsozialismus verbogen. Namhafte Professoren, Literaturwissenschaftler, Deutschlehrer und Schriftsteller stellten die Dichter des Sturm und Drang sowie des Klassizismus – Goethe. Schiller, Storm, Kleist, Lessing – als wahre Nationalsozialisten und Nordmannsgeister hin, die Germanentum und Wikingertum schon immer in sich hatten. Literatur und Publizistik wurden systematisch in den Dienst der Unterdrückung gestellt. Das Verhalten vieler Schriftsteller, die trotz oder gerade wegen der öffentlichen Bücherverbrennung 1933 in Deutschland blieben und veröffentlichten. Dies ist das düsterste Kapitel deutscher Literaturgeschichte. Und dem nicht genug. Namhafte Professoren, Studienräte sowie Literatur- und Theaterwissenschaftler versuchten in Gutachten und Veröffentlichungen die Dichter für den Nationalsozialismus, für das Nordmännerdenken und „Wikingertum“ zu verbiegen. Schiller war schon immer Nationalsozialist und Lessings Tellheim ein nordischer Typ. Und der Schriftsteller Will Vesper schrieb: „Wenn ein deutsches Mädchen ein Verhältnis mit einem Juden hat, so werden beide wegen Rassenschande mit Recht verurteilt. Wenn ein deutscher Schriftsteller und eine deutscher Buchhändler ein Verhältnis mit einem jüdischen Verleger eingeht – ist das nicht eine weit schlimmere und gefährlichere Rassenschande? Es genügt aber nun keineswegs, dass man eine einzelne Ratte erwischt und hinauswirft!“ Wie ein Spuk muten heute jene Jahre an, in denen es hieß: „Schiller als Nationalsozialist! Mit Stolz dürfen wir ihn als solchen grüßen!“ Oder: „Mit Recht feiert man Heinrich von Kleist als den Klassiker des Nationalsozialismus.“ Weiterlesen

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