Sein Aufstieg war steil, das Ende ruhmlos – Reichsrundfunkintendant Heinrich Glasmeier war des Führers Günstling

Von Wolf Stegemann

Zu einer der schillernden Persönlichkeiten der nationalsozialistischen Zeit entwickelte sich der Dorstener Apothekersohn Dr. phil. Heinrich Glasmeier, ein gelernter Archivar, der sich vor 1933 in der westfälischen Adelsgeschichte und im Heimatbund betätigte. Nach 1933 wurde er Reichsrundfunkinten­dant und Leiter des Bruckner-Stifts St. Flo­rian bei Linz. Dorthin zog er sich vor Kriegs­ende zurück und suchte beim Herannahen sowjetischer Truppen den Freitod an der Front, als diese schon unmittelbar vor sei­nem Chorherren- Stift verlief. Der Dorste­ner Heinrich Glasmeier gilt seither als ver­schollen. Zwischen seiner Pennälerzeit auf dem Gymnasium Petrinum und seinem ruhmlosen Verschwinden lagen Jahre steten und steilen Aufstiegs im braunen Führerstaat.

Kein Zugang zur demokratischen Gesellschaftsordnung

Dr. Heinrich Glasmeier

Heinrich Glasmeier war NSDAP-Wahlkämpfer, Hitler-Fahrer, Stadt­verordneter von Münster, Mitglied des Provinziallandtags, Reichsintendant des Deut­schen Rundfunks, Generaldirektor des Reichsinstituts des Deutschen Rundfunks (später Reichsrundfunk-Gesellschaft = RRG), »Beauftragter des Führers« und schließlich SS-Hauptsturmführer. Er wurde am 5. März 1892 in Dorsten geboren. Bis etwa 1919 besaßen seine Eltern an der Lippestraße eine Droge­rie (später Bonato). 1911 machte er das Abi­tur, studierte in München und Münster und promovierte 1926. Bereits 1913 wurde er gräflich-merveldt’scher Archivar. Als Kriegsfreiwilliger diente er von 1914 bis 1918 bei den 8. Husaren und beteiligte sich danach in Freiwilligenverbänden an der Niederwerfung der Spartakisten und Roten Ar­mee im Ruhrgebiet. Wieder friedlich gewor­den, nahm er 1923 eine Stelle im gräflich-landsberg’schcn Archiv an, wurde ein Jahr später Archivdirektor der Vereinigten West­fälischen Adelsarchive und betätigte sich ab 1926 im Nebenamt als Leiter der Archivbera­tungsstelle der Provinz Westfalen. Weiterlesen

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Das Porträt – Dr. Joseph Wiedenhöfer, Direktor des Dorstener Gymnasium Petrinum sowie ein NS-Ideologe humanistischer Prägung. Er drohte einem Journalisten mit der Gestapo

Von Wolf Stegemann

Er war ein hoch geachteter und von vielen verehrter Altphilologe und passte mit seiner verkrampften Liebenswürdigkeit in das Stadtbild von Dorsten der damaligen Zeit. Von 1905 bis 1932 war Dr. phil. Joseph Wiedenhöfer Schulleiter des Gymnasium Petrinum, erlebte in dieser Zeit die scheinbare Blüte des Kaiserreichs und ihren Untergang nach dem verlorenen Weltkrieg, die kommunistischen Umtriebe der Spartakisten und der Roten Ruhrarmee sowie den gescheiterten Versuch, in der Weimarer Republik Demokratie zu etablieren. In diesen Jahrzehnten musste sich Wiedenhöfer zurechtfinden. Das gelang dem national gesinnten Mann, indem er im Nationalsozialismus den Weg fand, das „Schanddiktat von Versailles“ zu überwinden und die „nationale Erweckung und Einigung des Volkes“ zu erlangen. Wiedenhöfer war seit 1900 in der Heimatforschung tätig und Vorsitzender des Dorstener Vereins für Orts- und Heimatkunde. Er wurde 1931, ein Jahr vor seiner Pensionierung, vom Oberpräsidenten  Westfalens zum „Pfleger für kultur- und naturgeschichtliche Bodenaltertümer für den Bezirk der Stadt Dorsten“ ernannt. Als solcher agierte er fortan mit der Würde und Autorität dieser Funktion. Weiterlesen

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Friedrich Castelle: Journalist und Dichter im Dienste der Partei. Der Stadt Dorsten blieb er stets verbunden

Friedrich Castelle (rechts vorn in Partei-Uniform) neben General Wilhelm Knochenhauer (vorne links); Foto: Archiv Historisches Seminar Münster

Von Wolf Stegemann

Dorsten kannte er gut, denn er besuchte die Stadt mehrmals und vor allem auch Lembeck in der Zeit vor dem Dritten Reich, aber auch während der NS-Zeit. Denn er war befreundet mit der Familie Joly, die im Haus Nattefort in der Nähe von Schloss Lembeck wohnte. Mit der Tochter des gräflich-merveldtschen Oberförsters Paul Joly, Liesel, verband den westfälischen Schriftsteller eine tiefe literarische Beziehung, denn des Försters Tochter entwickelte sich ebenfalls zu einer bekannten Dichterin. Friedrich Castelle las in Dorsten mehrmals aus seinen Büchern. Auch hatten Liesel Joly und er gleiche politische Ansichten, zuerst monarchistisch-vaterländische, die schon vor 1933, spätestens aber nach der Machtübernahme Hitlers, in nationalsozialistische umschlugen. Weiterlesen

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Drei Nationalsozialisten mit Dorstener Bezug schmückten sich mit dem „Goldene Ehrenzeichen der NSDAP“: Dr. Heinrich Glasmeier, Richard Hildebrandt und Friedrich Geißelbrecht

Das große und das kleine Abzeichen

Von Wolf Stegemann

Auf der Leiche des Mannes in halbgekrümmter Stellung lagen die Überreste einer verkohlten Parteiuniform der NSDAP und ein angesengtes goldenes Parteiabzeichen. Bei der verkohlten Leiche der Frau wurde ein angesengtes goldenes Zigarettenetui entdeckt und auf der Leiche ein goldenes Parteiabzeichen. Bei den beiden angebrannten Leichen handelt es sich um den Reichminister Joseph Goebbels und seine Frau Magda, die nach ihrem Suizid am 2. Mai 1945 so von russischen Offizieren im Garten der Reichskanzlei in Berlin aufgefunden worden waren. Die beiden gehörten zu den rund 23.000 Personen (Stand 1935), die mit dem „Goldenen Ehrenzeichen der NSDAP“ geehrt wurden. Magda Goebbels erhielt ihres am 27. April 1945 im Führerbunker, drei Tage vor Hitlers Selbstmord. Hitler überreichte es ihr. Es war sein eigenes Parteiabzeichen, eine Sonderanfertigung mit der eingravierten 1 auf der Rückseite. Es besteht allerdings kein Anlass anzunehmen, dass Hitler über lediglich ein Exemplar seines Parteiabzeichens verfügte. 1996 teilte der russische Geheimdienst FSB mit, im Besitz des goldenen Parteiabzeichens Adolf Hitlers zu sein. Als anlässlich einer Ausstellung zum 60. Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation vom 8. Mai 1945 das Abzeichen erstmals ausgestellt werden sollte, wurde es am 30. Juni 2005 bei einem Einbruch entwendet. Weiterlesen

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Nationalsozialistische Feste und Feiern – Winzerfeste auf dem Marktplatz – Weinkonsum im Sinne der NS-Ideologie

Umzug beim Schützenfest 1938 in der Altstadt. Während des Krieges waren Schützenfeste verboten.

W. St. – Private Nischen zum Feiern gab es wenige. Zu sehr waren die Partei- und Volksgenossen, ob in der Stadt oder auf dem Land, eingebunden in das große nationalsozialistische Programm, in dem der Einzelne nichts, die Gemeinschaft aber alles war.

Das Feiern übernahm im Allgemeinen die Partei und damit immer mit einer „kulturellen Überhöhung von Ideologie und Institutionen“. Es gab drei Haupttypen des Feierns im nationalsozialistischen Deutschland: Jahreslauf, Lebensfeiern und Morgenfeiern. Dabei versuchten die Nationalsozialisten, die Feiern in eine Parallele zu den christlichen Festen zu bringen. Deshalb besaßen die Feiern oft einen kultischen Charakter. Propagandaminister Goebbels verbot 1935 den Begriff „Kult“ zu verwenden und Hitler selbst grenzte auf dem Reichsparteitag 1938 die nationalsozialistischen Feste nochmals vom „Kult“ ab. Dadurch sollte allerdings nur verschleiert werden, dass die NS-Feste tatsächlich ein „Ersatzunternehmen zum christlichen Kult“ darstellten. Denn in der nationalsozialistischen Sprache, musikalischen Gestaltung und liturgischen Form, in den nationalsozialistischen Propagandatexten, chorischen Dichtungen und Führerworten wurde oft sakrales Vokabular verwendet. Hitler wurde als „Erlöser“ beschrieben, das Blut als „heilig“, die Feldherrnhalle in München als „Altar“, die Fahne als „Sakrament“ usw.

Selbstdarstellung der Partei

Die Funktionen der nationalsozialistischen Feiern dienten der Selbstdarstellung der Partei als „politische Religion“ und die des Führers als „heilbringend“. Die Menschen sollten  bedingungslose Gefolgsleute des Nationalsozialismus sein. Allerdings schaffte es der Nationalsozialismus nicht, die christliche Religion und deren Kult zu verdrängen. Weiterlesen

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