Deutsche Arbeitsfront (DAF): Dorstener Teppichfabrik Stevens & Schürholz erhielt von Hitler die „Goldene Fahne“. – „Habe dem Führer in die Augen gesehen!“

DAF-Betriebsgruppe der Teppichfabrik Stevens & Schürholz (DeKoWe) in Hervest-Dorsten

Von Wolf Stegemann

Wegen des durch die Zeche Fürst Leopold und Baldur bedingten starken Organisationsgefüges der in Dorsten tätigen Gewerkschaften war für die Arbeiter die Zerschlagung ihrer Gewerkschaften, ob kommunistische oder christliche, am 2. Mai 1933 eine rechtliche, politische und soziale Zäsur. Eine Schlagzeile im „Völkischen Beobachter“ vom 3. Mai 1933 lautete: „Der zweite Abschnitt der Nationalsozialistischen Revolution – Gleichschaltung der Freien Gewerkschaften – ist erreicht“. Die Gleichschaltung war das Ende der freien Gewerkschaften. Die unter Abschaffung des Streikrechts gegründete nationalsozialistische Deutsche Arbeitsfront (DAF) unter Führung von Robert Ley übernahm nicht nur das beschlagnahmte Vermögen der Gewerkschaften, sondern auch sämtliche Angestellten und Arbeiter, Gewerbetreibenden und die Unternehmer selbst nach dem Führerprinzip. Ihre Hauptaufgabe war es, den Arbeitsfrieden zu sichern, soziale Konflikte zu vermeiden, zu entschärfen und zu unterdrücken. Legitimiert wurde die DAF durch das „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ vom 20. Januar 1934.

Arbeiterschaft zuerst gegen die politische NS-Ideologie

Die DAF sollte die deutschen Arbeiter in das neue „Dritte Reich“ integrieren und damit ihren bisherigen Organisationen den Boden entziehen. Dabei benutzten sie das alte Gewerkschaftslied „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“, dessen Text sie umschrieben in „Brüder in Zechen und Gruben / Brüder, ihr hinter dem Pflug / Aus den Fabriken und Stuben / Folgt unserm Banners Zug / Hitler ist unser Führer / Ihn lohnt nicht goldner Sold / Der von den jüdischen Thronen / Vor seine Füße rollt.“ Weiterlesen

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Die märchenhaften Statistiken über Verbrechensbekämpfung zwischen 1933 und 1945 sind selbst ein großer Kriminalfall – Amnestien des Führers drückten die Zahlen nach unten

0-kriminalitätsstatistik-polizeins-helm-DW-Kultur-Berlin-jpgVon Robert Gellately

Die Hitlerdiktatur prahlte wiederholt mit den Erfolgen der weitrei­chenden neuen Polizeibefugnisse bei der Zurückdrängung des Verbre­chens. Anfang 1936 gaben die Behörden bekannt, im Land sei „das große Aufräumen“ erfolgt, das Verbrechen sei niedergerungen, und die Bürger sollten das zu schätzen wissen. Anfang 1941 nutzte Reinhard Heydrich den „Tag der Deutschen Polizei“, um das Volk daran zu erin­nern, dass Kripo und übrige Polizei die Verbrechensrate gegenüber 1932 um 40 Prozent gesenkt hätten. Im Laufe der Jahre bekamen die Bür­ger viele solche Erfolgsmeldungen zu hören, und ohne Zweifel gingen bestimmte Verbrechensarten zurück – aus Gründen, die nichts mit der neuen Polizei und dem neuen Gerichtssystem zu schaffen hatten. So brachte die Rückkehr zur Vollbeschäftigung im Jahr 1936 vielen poten­tiellen Straftätern wieder Arbeit, und der Aufbau der Streitkräfte ent­fernte Millionen junger Männer von den Straßen und damit von der Ge­legenheit, Verbrechen zu begehen. Weiterlesen

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Die Polizei, dein Freund und Massenmörder. Für die Polizei gab es keine Stunde Null – sie konnte nach dem Krieg nahezu bruchlos weiterarbeiten

„Die gestellten Männer haben zu nennenswerten Klagen keinen Anlass gegeben. Abgesehen davon, dass ich einzelne von ihnen zu schärferem Vorgehen gegen Juden anhalten musste, haben sich alle sehr gut geführt und ihren Dienst einwandfrei versehen.“

Auf neun Schreibmaschinenseiten resümierte der Hauptmann der Schutzpolizei, Paul Salitter, im Dezember 1941 seine Fahrt von Düsseldorf ins lettische Riga. Für die Reisenden sollte es, abgesehen vom polizeilichen Begleitkommando, eine Fahrt in den Tod werden, denn sie wurden nach ihrer Einweisung in das jüdische Ghetto später fast ausnahmslos ermordet. Für Salitter dagegen war die Reise nach seiner Rückkehr Grund genug, gegenüber dem Leiter des Reichssicherheitshauptamtes, Adolf Eichmann, Verbesserungen für die nächsten Deportationszüge vorzuschlagen. Sechs Jahre später, 1947, später bat der Polizist um seine Wiedereinstellung: Damals habe er „nur seine Pflicht getan“, schrieb Salitter. Weiterlesen

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Eine NSDAP-Kommission überprüfte die nationalsozialistische Gesinnung der Polizeibeamten. Strafverfahren gegen Stefan Theda

Gruppenbild der Dorstener Polizei im Jahre 1941

Von Wolf Stegemann

Der vornehmlich für Holsterhausen zuständige Kommissar Schulz war, bevor die Nationalsozialisten 1933 an die Macht gekommen waren, bereits ein altgedienter Polizist, der vor allem in den Sparkisten- und Rote Ruhrarmee-Wirren nach dem Ersten Weltkrieg für die nationale Sache sehr aktiv gewesen war. Als dann die Nationalsozialisten bereits 1934 eine Kommission einsetzten, um die kommunale Stellenbesetzung und die Amtskasse zu überprüfen, fertigte die Kommission nach der Untersuchung (nach nationalsozialistischen Prämissen) einen Bericht an. In ihm wurden vor allem die Polizisten auf ihre politische Weltanschauung überprüft sowie ihr Verhalten gegenüber der NS-Bewegung durchleuchtet. Dabei rückten vor allem auch die Polizisten ins Visier der NS-Untersuchungskommission.

Folgende Begutachtung über Angehörige der kommunalen Polizei stehen in dem als „geheim“ eingestuften fünfseitigen Vorabbericht für den NSDAP-Kreisbeauftragten für Kommunalpolitik, Rottmann, in Recklinghausen.

Die Untersuchungskommission kommt zu dem Ergebnis, dass die Kommissarsstelle in Holsterhausen eingespart werden sollte, „zumal der jetzige Kommissar Schulz (Alter 58 Jahre) pensioniert werden könnte“. Und dann folgt die politische Bewertung des Stelleninhabers Schultz, der in Holsterhausen liebevoll „Papa Schultz“ genannt wurde: Weiterlesen

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Aspekte der NS-Strafjustiz – Der übelste Täter war der Staat

NS-Justiz: Volksgerichtshof mit den Richtern Reinecke, Freisler und Lautz; Foto Bundesarchiv

Von Dr. jur. Gerd Willamowski

Die Machtpolitik des Nationalsozialismus fand – so wird mit Recht behauptet – eine we­sentliche Stütze in der Justiz, vor allem in der Strafjustiz. Allerdings kann es nicht Aufgabe einer Kurzbeschreibung der Justiz des Drit­ten Reiches und ihrer Wirkungsweise im kleinräumig abgegrenzten Dorsten sein, über das Strafrecht in der nationalsoziali­stischen Zeit insgesamt und die damals in einem weitgehend von Verdächtigungen und Denunziantentum vergifteten Umfeld täti­gen Straf-Juristen zu rechten. Es ist auch völ­lig ausgeschlossen, ein Gesamturteil über die Richterschaft des Dritten Reiches zu fäl­len.

Man muss insbesondere berücksichtigen, dass es eine geschriebene Verfassung im nationalsozialistischen Staat nicht gegeben hat. Die Weimarer Verfassung (Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919) ist zwar niemals förmlich beseitigt worden; insbesondere konnte damit auch deren Artikel 102, wonach die Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen waren, weiterhin Rechtsgültigkeit beanspruchen. In der Pra­xis aber gab es zahllose Fälle, in denen diese richterliche Unabhängigkeit nicht nur von den Richtern selbst kampflos aufgegeben wurde, sondern der Staat durch Drohungen, Einschüchterungen und andere – teilweise sehr subtile Repressalien – Einfluss auf die Strafrechtsprechung nahm. Weiterlesen

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