Dorstener verwüsteten die Synagoge in der Wiesenstraße – Verführte Jugend

"Brennende Synagoge", Rohrfederzeichnung von Tisa von der Schulenburg 1962

9. November 1938. In Deutschland brannten die Synagogen. Zwei Tage zuvor war der 17-jährige Herschel Grynszpan (Grünspan) in die Pariser deutsche Botschaft eingedrungen und hatte im Glauben, den deutschen Botschafter vor sich zu haben, den Legationssekretär Ernst vom Rath niedergeschossen. Mit dieser Tat wollte er sich dafür rächen, dass Ende Okto­ber 17.000 in Deutschland lebende polnische Juden, darunter auch seine Eltern, über die polnische Grenze abgeschoben worden waren. Am 9. November erlag der deutsche Diplomat seinen schweren Verletzungen.

Die Kurzschlusshandlung des jungen Juden kam den Scharfmachern in der NSDAP sehr gelegen. Propagandaminister Goebbels stellte am Abend jenes 9. November in einer Rede vor »Alten Kämpfern« in München das Verbrechen als eine gelenkte Aktion des internationalen Judentums gegen den natio­nalsozialistischen Staat hin und hetzte zu »spontanen« Gegenaktionen auf. SA-Kolonnen, begleitet von HJ und Mädchen des BDM, setzten sich daraufhin im Reich in Bewegung. Weiterlesen

Veröffentlicht unter Jüdisches Leben, Synagoge | Verschlagwortet mit , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Jüdische Friedhöfe nach 1945 – So manche Begräbnisstätte diente weiterhin als Müll- und Weideplatz

Der Dorstener jüdische Friedhof im Naturpark Hasselbecke an der Marler Straße ist bereits im Jahr 1628 nachgewiesen, als es in Dorsten keine Juden mehr gab; Foto: Wolf Stegemann 2010

Von Wolf Stegemann

Als der Krieg zu Ende ging und das NS-Regime durch eine von den Alliierten eingesetzte Verwaltung ersetzt wurde, blieben verwüstete jüdische Friedhöfe noch lange Zeit in verwildertem Zustand. Obwohl schon Ende 1945 vom Oberpräsidenten der Provinz Westfa­len die Bürgermeister angewiesen wurden, die jüdi­schen Friedhöfe wieder instand zu setzen, blieb der Friedhof Hasselbecke weiterhin verwahrlost. Und andere auch. Im Januar 1946 gab der damalige Bürgermeister Weber einen internen Zustandsbericht über den jüdischen Friedhof Hasselbecke: Weiterlesen

Veröffentlicht unter Friedhöfe, Jüdisches Leben | Verschlagwortet mit , , | 1 Kommentar

Der jüdische Friedhof im Naturpark Hasselbecke – Haus des Lebens, Nische der Zeit – Stillstand ist eingetreten

Stillstand ist eingetreten!

Von Wolf Stegemann

Als die Seele Rabbi Mecharschejas zur Ruhe einging, trugen die Dattelpalmen Dornen. Beim Tod Rabbi Hamnunas fielen Hagel­steine vom Himmel, und als der Rabbi Jaakow starb, sah man am Tag Sterne. Selbst Himmel und Erde trauerten über den Tod dieser Leuchten des Gesetzes.

Als im Oktober 1941 die in Dorsten beliebte Amalie Perlstein im hohen Alter starb, weinte eine kleine Gemeinde, die um das Grab stand und die Tote beneidet haben mochte: Sie hatte Demütigung und Verfol­gung überstanden. Jüdische Bürger durften damals nicht in der Mitte von Straßen und Wegen gehen. So blieb der Trauergemeinde nichts anderes übrig, als verhärmt in schlotternden Mänteln mit dem gelben Judenstern an den Häusern gedrängt neben dem Wagen mit dem ein­fachen Holzsarg herzulaufen. Amalie Perlstein war die letzte Tote, die auf dem jüdischen Friedhof im Judenbusch (»Hasselbecke«), nahe der Marler Straße, beigesetzt worden war. Weiterlesen

Veröffentlicht unter Friedhöfe, Jüdisches Leben | Verschlagwortet mit , | Hinterlasse einen Kommentar

Hersch Wassermann – Ein Schicksal zwischen den Staaten – Als „ewiger Ahasver“ fand er in Israel seine Heimat

Von Martin Lenhardt

Lediglich bruchstückhafte, unvollständige Informa­tionen gehen aus einer Blattsammlung des Amtsge­richts Dorsten über das Leben des polnischen Juden Hersch Wassermann hervor, der im Juni 1929 nach Dorsten gezogen war und hier einen Textilwaren­versand betrieben hatte.

Die Akte setzt ein am 21. Januar 1930. An diesem Tag beantragte Hersch Wassermann eine ständige Aufenthaltserlaubnis, da sein Pass nur noch bis April 1930 Gültigkeit besaß. Zur Begründung führte er aus:

»Wenn mir die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt würde, würde ich meine Existenz verlie­ren. Es wäre mir nämlich nicht möglich, die Außen­stände meines Geschäftes einzubringen und müsste sie dann vollständig verlieren. Bezüglich meiner Fa­milie würden wir den allerschwersten Ungelegenheiten ausgesetzt, da meine Frau in Hoffnung ist.« Weiterlesen

Veröffentlicht unter Jüdisches Leben, Nach 1945, Personen | Verschlagwortet mit , , | Hinterlasse einen Kommentar

Monatelang im Wald unter Sträuchern gelebt – Niederländische Widerstandskämpfer retteten die Familie Rosenbaum

Frieda Humberg, später verheiratete Rosenbaum, in der Tracht einer jüdischen Hilfsorganisation

Von Wolf Stegemann

»Es ist doch kein Leben mehr für euch!« – Diese war­nende Feststellung musste sich der Dorstener Vieh­händler Moses Rosenbaum, der auch Max gerufen wurde, von Bauern oft anhören. Manche Kunden, die trotz Bedrohungen durch das NS-Regime mit ihm wei­terhin Geschäfte machten, kamen nur noch nachts, um nicht gesehen zu werden. Später blieben sie ganz aus. Die bis zu ihrem Tod im holländischen Arnheim wohnende Witwe Frieda Rosenbaum geborene Humberg wurde am 7. Juli 1892 in Klein Reken geboren. Ihre Eltern zo­gen mit den neun Kindern in den 1920er-Jahren nach Lippstadt. Die Mutter war eine Kusine von Sophie Le­benstein aus Lembeck.

Frieda Humberg heiratete 1931 den damals 51-jährigen Witwer Max (Moses) Rosenbaum aus Raesfeld, der drei Söhne aus erster Ehe hatte: Walter, Max und Ernst. 1932 gaben die Eheleute ihr Viehhandelsge­schäft in Raesfeld auf und zogen mit den erwachsenen Söhnen nach Dorsten, wo sie in einem Mietshaus am Ostwall 20 wieder ein Viehhandelsgeschäft eröffneten. Seine Kunden hatte Rosenbaum in Dorsten, Kirchhel­len, Altendorf-Ulfkotte, Scholven, Gelsenkirchen, Wulfen und in der Feldmark. Die hoch betagte Witwe erinnerte sich Mitte der 1980er-Jahre noch an die Namen Fahnebrock und Bel­lendorf in Dorsten, an Nothelle in Altendorf, Kuhl­mann in Erle. »Das katholische Krankenhaus war un­ser Hauptkunde.« Weiterlesen

Veröffentlicht unter Jüdisches Leben, Nach 1945, Personen | Verschlagwortet mit , , | 1 Kommentar