Von Wolf Stegemann
Mit sechs Betten, einem Sack Erbsen und 50 Mark gründete Bruder Rochus Neus mit drei Ordensbrüdern von der Krankenpflegegenossenschaft der Barmherzigen Brüder von Montabaur 1873 in den Lippeauen in Holsterhausen die Krankenanstalten für männliche Epileptiker und geistig Behinderte, die sie unter den Schutz Marias stellten und die Anlagen „Maria Hof unter den Linden“ nannten, der dem heutigen Bereich „Maria Lindenhof“ den Namen gab.
An der Lippe besaß der Orden schon länger die Villa Reischel. Durch mehrere An- und Umbauten entstand eine große Anlage mit Kloster, Krankenanstalten, Ärztehaus, Maschinenhaus, Isolierhaus, Kinderheim und Arbeitsstätten. 1919 funktionierte das Freikorps Lichtschlag den Festsaal der Anstalt in einen Gerichtssaal um und verurteilte gefangene Spartakisten zum Tode, die dann an der Anstaltsmauer erschossen wurden.
1923/25 beschlagnahmten belgische Besatzungssoldaten Teile der Krankenanstalt für ihre Zwecke, bevor sie 1927 renoviert wurde und neue Bauten hinzukamen. 1935 verhaftete die Gestapo etliche Brüder unter dem von der Gestapo geschürten Verdacht sexueller Verfehlungen. Bei dem mit großer nationalsozialistischer Propaganda durchgeführten Prozess beim Landgericht Essen hatten die angeklagten Brüder keine Chance. Sie wurden verurteilt, einige von ihnen später freigesprochen oder ihre Strafe reduziert. 1937 löste der Staat die Anstalt auf und überführte die Heiminsassen nach Hadamar. Die verbliebenen zwölf Brüder verließen im September 1937 die leeren Gebäude und fuhren mit dem Zug ins Mutterhaus nach Montabaur. Danach wurden die Gebäude als Landeserziehungsheim, als Lazarett und nach dem Krieg als Notunterkünfte und Sammellager für Ostarbeiter, dann als Bergmannsheim und Obdachlosenasyl genutzt, bis die Anlage abgerissen wurde, um dem 1975 eingeweihten Neubau des Kultur- und Bildungszentrums Maria Lindenhof zu weichen. Heute erinnert noch ein Grabkreuz an die Barmherzigen Brüder von Montabaur, das früher zum Brüderfriedhof gehörte. 1990 wurde es restauriert und mit einer Gedenktafel versehen. Weiterlesen