Zweiter Weltkrieg – Das tägliche Überleben war wichtiger als der Glaube an den Endsieg – Schließlich im Wehrmachtbericht: „Beim Vorstoß ging Dorsten verloren!“ – Ein Überblick

Flakbatterie "Krämer" 1943 in Dorsten

Von Wolf Stegemann

Redaktionelle Vorbemerkung: In der Hauptrubrik Kriegsereignisse sind etliche Detailberichte über das Kriegsgeschehen in Dorsten zwischen 1939 und 1945 eingestellt.

Während beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs in den Gaststätten und auf dem Marktplatz gejubelt wurde, nahmen die Dorstener den Beginn des Zweiten Weltkriegs in gedrückter Stimmung hin. Pfarrer Ludwig Heming schrieb in die Chronik St. Agatha:

„Die letzten Augusttage waren voll unerhörter politischer Spannung, immer dichteres Gewölk zog sich am politischen Horizont zusammen, bis am 1. Sept. früh morgens der Krieg mit Polen begann. Bald folgte die Kriegserklärung Englands und Frankreichs – der 2. Weltkrieg hatte seinen Anfang genommen. Während 1914 bei Kriegsausbruch die Kirchen gefüllt und Beichtstühle und Kommunionbänke umlagert waren, war jetzt derartiges nicht zu bemerken. Wohl fanden sich manche, die zu den Waffen gerufen wurden, ein, um ihre Rechnung mit dem Herrgott in Ordnung zu machen, im Ganzen aber hatte das große politische Geschehen ein schwaches religiöses Echo“.

Fenster wurden verdunkelt

Schon im März 1939 war Dorsten Militärstandort geworden. 1940 quartierte sich der Stab des Flakregiments 46 im Franziskanerkloster ein und die Scheinwerferbatterie 450 in der Holsterhausener Baldurschule. Noch vor Kriegsausbruch führten die Behörden das Bezugsscheinsystem und die Rationierung von Lebensmitteln ein. Bei Ausbruch des Krieges ordneten sie die Verdunkelung der Wohnungen und Straßen an und verpflichteten die Bevölkerung bei Alarm Luftschutzbunker aufzusuchen und verboten das Hören ausländischer Sender. Dorstener Handwerks- und Industriebetriebe stellten ihre Produktionen auf Kriegswirtschaft um, in Gaststätten, auf Kegelbahnen, in Baracken und in eigens eingerichteten Lagern wurden bis zu 58.000 Kriegsgefangene und rund 8.000 Fremdarbeiter untergebracht, die in den kriegswichtigen Betrieben und vornehmlich in der Landwirtschaft arbeiteten. In der Heeresmunitionsanstalt Wulfen wurden Granaten produziert. Weiterlesen

Veröffentlicht unter Abwehr, Einnahme der Stadt, Krieg, Kriegsgefangene, Luftangriffe / Abwehr, Standort Dorsten | Verschlagwortet mit , , , | 2 Kommentare

Das Eiserne Kreuz – Mit dem Orden wurden im Freiheitskampf 1813 Soldaten ausgezeichnet, im Zweiten Weltkrieg aber auch Kriegsverbrecher. Ritterkreuzträger in Dorsten gefeiert

Eisernes Kreuz von 1813

Von Wolf Stegemann

Ursprünglich war das Eiserne Kreuz  eine preußische Kriegsauszeichnung, die von Friedrich Wilhelm III. am 10. März 1813 für den Verlauf der Befreiungskriege in drei Klassen gestiftet wurde. Diese Stiftung wurde von Wilhelm I. mit Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges am 19. Juli 1870 für diesen Krieg erneuert. Kaiser Wilhelm II. erneuerte am 8. August 1914 wiederum die Stiftung und machte das Eiserne Kreuz durch seine breit angelegte Verleihungspraxis zu einem inoffiziellen deutschen Orden. Mit der erneuten Stiftung zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde das Eiserne Kreuz am 1. September 1939 auch offiziell zu einer deutschen Auszeichnung, die zunächst in vier Klassen verliehen werden sollte. Weiterlesen

Veröffentlicht unter Auszeichnungen, Krieg, NS-Symbole und Mythos | Verschlagwortet mit , , , , , , , | 1 Kommentar

Das schwarze Balkenkreuz auf weißem Grund hat als Hoheitszeichen eine weit zurückreichende militärische Tradition

Von Wolf Stegemann

Das schwarze Kreuz auf weißem Grund zieht sich als Hoheitszeichen durch die Geschichte der Deutschen, vor allem durch die Militärgeschichte, angefangen beim Deutschen Orden (ab 1190) über Preußen, die deutsche Wehrmacht bis hin zur Bundeswehr. Aber auch das Erzstift und Kurfürstentum Köln, zu dem Dorsten gehörte, hatte das schwarze Kreuz auf weißen Grund als Hoheitszeichen und somit etliche diesem Territorium angehörigen

Tannhäuser als Kreuzritter mit dem Tatzenkreuz; Miniatur aus dem Codex Manesse 14. Jh.

Das Kreuz stand als christliches Symbol in verschiedenen Stadtwappen wie Bonn, Kaiserswerth und Rheinbach. Ausformungen und Farben immer im Mittepunkt von Wappen, Hoheitskennzeichen und Orden, um die christliche Prägung herauszustellen und in Konfrontation zu gehen mit dem Islam oder dem osteuropäischen Slawentum. Denn die Entstehung des Ordenswesens ist in der mittelalterlichen Organisation der Kirche, in deren religiösen Ordensbildungen und den Mönchsgemeinschaften zu suchen. Das Wort „Orden“ kommt aus dem lateinischen „ordo“, das zu jener Zeit den Zusammenschluss eines begrenzten Kreises von Menschen bedeutete, der gewisse Verpflichtungen übernahm und sich gewisser Regeln unterwarf. Zur Zeit der Kreuzzüge wurde die Ordensbildung des Mönchswesens auf die Ritterschaft übertragen. Somit fand das Kreuz Eingang in das Militär und die Militärgeschichte. Weiterlesen

Veröffentlicht unter Krieg, NS-Symbole und Mythos | Verschlagwortet mit , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Die Reichskriegsflagge – Verwendung auch als Tischtuch, Sargbedeckung und Rednerpult-Verhüllung

Ritterkreuz-Verleihung an Piloten auf der Reichskriegsflagge in Frankreich; Foto: Bundesarchiv

Die Nationalsozialisten entfernten die Farben Schwarz-Rot-Gold der Weimarer Republik aus der Fahne und verwendeten ausschließlich wieder die Farben des Kaiserreichs Schwarz-Weiß-Rot. Am 15. September 1935 wurde die Hakenkreuzfahne als einzig gültige Nationalflagge für das Deutsche Reich bestimmt. Im Zuge dessen wurde am 7. November 1935 auch eine neue Kriegsflagge eingeführt, die von der Gestaltung her an die kaiserliche Kriegsflagge angelehnt war. Der Entwurf für die neue Flagge stammte offenbar von Adolf Hitler selbst. Auf der roten Grundierung der NS-Hakenkreuzflagge mit der weißen Kreisfläche wurde das (weiß abgesetzte) schwarze Georgskreuz – dem Ursprung nach vom Deutsch-Ordenskreuz abgeleitet – so angebracht, dass das Hakenkreuz aus der Mitte zum Mast rückte. In der oberen Mast-Ecke (links) ist das Eiserne Kreuz zu sehen. Dies deutete die Kontinuität mit den Flaggenversionen an, die vor dem Jahre 1919 verwendet wurden. Weiterlesen

Veröffentlicht unter Fahnen und Mythos, Krieg, Verbot NS-Symbole | Verschlagwortet mit | 1 Kommentar

Anni Lahrmann holte ihren aufgebahrten Bruder heimlich unter der Hakenkreuzfahne hervor und begrub ihn

Von Wolf Stegemann

Als sie ihre Geschichte schilderte, war ihr die Betroffenheit 60 Jahre danach immer noch anzumerken. Halt gab ihr dabei ihr Bruder Bernhard, der am Tisch ihr gegenüber saß. Anni Lahrmann, 88 Jahre alt, erzählte über die letzten Kriegswochen und wie sie und ihre Familie das Kriegsende in Holsterhausen bzw. im Stollen-Bunker der Zeche Fürst Leopold in Hervest-Dorsten erlebt und überlebt haben. Nur einer hat das Kriegsende nicht überlebt: ihr damals 16 Jahre alter Bruder.

Am 15. März 1945 flogen in der Mittagszeit englische Bomber über Dorsten hinweg und luden ihre Bomben über der Stadt ab. „Unser Haus an der Gartenstraße bekam drei Volltreffer. Alles war weg. Dabei wurde mein Bruder Karl vor dem Haus tödlich getroffen“, sagt sie. Auf die Frage, warum er denn nicht im Sammelbunker an der Kreuzung Hohenkamp und Gartenstraße vor den Bomben Schutz gesucht hatte, wie seine Schwester und die Eltern, erinnert sich Anni Lahrmann: „Uns gegenüber lag eine junge Frau, Hedwig Haake geborene Spengler, allein im Keller des Hauses, die erst am Tag zuvor ein Kind bekommen hatte.  Als Voralarm gegeben wurde, gingen wir alle in den Bunker und mein Bruder sagte, er käme gleich nach, er wolle der Nachbarin mit dem Baby nur Bescheid sagen und ihr in den Bunker helfen.“ Weiterlesen

Veröffentlicht unter Krieg, Luftangriffe / Abwehr, Rückschau / Heute | Verschlagwortet mit , , , , | 1 Kommentar