Die Hildebrandts (III) – Ernst Hildebrandt vom Sturmführer zum SS- und Polizeiführer „Oberitalien Mitte“ sowie zum Polizeipräsidenten aufgestiegen

Von Wolf Stegemann

Wie sein Bruder Richard Hildebrandt (siehe dort), der als SS-Obergruppenführer nach dem Krieg von den Polen wegen Massenmordes zum Tode verurteilt und gehenkt wurde, machte auch der 1895 in Offstein bei Worms geborene Ernst Hildebrandt 1915 am Gymnasium Petrinum das Notabitur, um als Freiwilliger, ebenfalls wie sein Bruder, in den Krieg zu ziehen. Der Vater war in jener Zeit Fabrikdirektor in Dorsten, seine Mutter hieß Margareta Dost. Die Familie wohnte am Ostwall 18. Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnte er in der Königsstraße (heute Martin-Luther-Straße) in Dorsten-Holsterhausen. Ernst Hildebrandt kam enttäuscht aus dem verlorenen Ersten Weltkrieg bzw. der Kriegsgefangenschaft zurück und schloss sich als Infanterie-Oberleutnant d. R. sofort dem Freikorps Marinebrigade Ehrhardt an. Das Freikorps hatte das Hakenkreuz zu seinem Symbol gemacht. Mit diesem Zeichen schien Ernst Hildebrandts Weg in seine politische Zukunft vorgezeichnet zu sein. 1922 trat er in die NSDAP ein, verließ die Partei ein Jahr später, als Hitlers Putsch in München scheiterte, trat ihr erst wieder im April 1933 bei, als Hitlers Machtübernahme im Reich nicht mehr scheitern konnte. Sein Parteibuch hatte die Nummer 1.664.468. In die SS war er bereits am 1. Februar 1932 mit der Nummer 25.517 eingetreten. Mit beiden Mitgliedsbüchern war seine Karriere im Nationalsozialismus gesichert. Weiterlesen

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Fremdarbeiter waren die Sklaven eines barbarischen Systems. Über das Millionenheer der Zwangsarbeiter

Fremdarbeiterinnen aus der Ukraine im Mai 1942 vor der Abfahrt nach Deutschland ; Foto: Bundesarchiv

Von Wolf Stegemann

Mit dem Beginn des Krieges kam es zu Schwierigkeiten vor allem in der Wirtschaft und Industrie. Die Umstellung auf die Kriegswirtschaft und die Einberufung wehr­fähiger Männer zur Wehrmacht verschärften den bereits schon vor dem Krieg spürbaren Mangel an Arbeitskräften. Um die fehlenden männlichen Arbeiter er­setzen zu können, wurde zunehmend (die nach 1933 zunächst verpönte) Frauenarbeit propagiert, was rasch auf den Widerstand der Frauen stieß, die weitaus weniger ver­dienten als die Männer. Deshalb griff der Staat zunehmend zu dem Mittel der „Dienst­verpflichtung“.

Am 31. Mai 1941, wenige Wochen nach dem Überfall auf die Sowjetunion, standen der deutschen Wirtschaft neben 35 Millionen ar­beitsfähigen Deutschen noch 1.66 Millionen „Ausländer und Juden“ sowie 1,23 Millionen Kriegsgefangene aus den siegreichen Westfeldzügen der Wehrmacht zur Verfügung. Um den steigenden Forderungen der Rüstungsindustrie nachzukommen, hatte Hit­ler sich Ende 1941 entschließen müssen, durch Führerbefehl die „Zuführung aller ge­eigneten kriegsgefangenen Russen in die Rüstungsindustrie“ anzuordnen. Von einem mehrere Millionen umfassenden Heer sowjetischer Kriegsgefangener war Anfang Mai 1942 nur noch rund eine Million am Le­ben. Davon stand etwa die Hälfte im Reichs­gebiet „in Arbeit“. Rund 7.000 russische Kriegsgefangene waren Mitte April 1942 aus Gefangenen- und Konzentrationslagern »ausgekämmt« und davon 2.000 als „Ar­beitsfähige“ an die durch den Kriegsdienst der Männer beraubten Landwirtschaft abge­geben worden. Weiterlesen

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Fremdvölkische Arbeiter und Kriegsgefangene in Dorstener Betrieben – Totgeschlagen und im Heizungskessel verbrannt

Fremdarbeiterinnen

Von Wolf Stegemann

Maurice Charton (72), ehemaliger französi­scher Kriegsgefangener, verbrachte seine ge­samte Gefangenschaft in Dorsten. Er erinnerte sich:

„Junge, ausgemergelte russische Frauen und Mädchen, in Lumpen gehüllt, muss­ten am Dorstener Bahnhof Waggons mit Lebensmitteln, Zement und Kohle unter den Augen jener wohl gekleideten und wohlgenährten Herren entladen, die sich über sie lustig machten. Die Russen leb­ten in einem Lager zusammengepfercht wie Tiere. Es lag in der Nähe der Arbeits­stelle eines Kameraden: ein kleiner Bau­ernhof, der die Rückstände aus den Abort­gruben verwendete. Abortgruben, in de­nen Fetusse und Leichen von Neugebore­nen lagen, deren russische Mütter nicht in der Lage waren, sie am Leben zu erhal­ten.“

Eisengießerei-Personal war bekannt für brutale Behandlung und Mord

Sie wurden wie Sklaven gehalten (Waltrop).

Auf dem Werksgelände der Eisengießerei (heute Dorstener Maschinenfabrik) standen drei mit etwa 500 sowjetischen Kriegsgefan­genen belegte Baracken. Die Sterberate bei den Gefangenen war hoch. Die Bewachung der Kriegsgefangenen oblag dem Militär. Für die Arbeitsaufsicht sorgten betriebsei­gene Aufseher. Betriebsleiter K. war für den Arbeitseinsatz verantwortlich und der Pro­kurist Ernst Junker für die Verpflegung der Kriegsgefangenen. Ein Augenzeuge, der nicht genannt werden will, erinnert sich: „1942 brachen drei Russen aus. Einer wurde lebend zurückgebracht. Betriebs­leiter K. ließ ihn in sein Büro bringen, holte aus dem Schrank einen Karabiner, lud durch und machte Anstalten, den Rus­sen zu erschießen. Er wollte ein Exempel statuieren. Der vor ihm kniende Sowjet­soldat betete und jammerte in seiner Not, küsste dem vor ihm stehenden K. die Füße. Dieser stieß ihn weg. Da verstummte der Russe, er betete still. K. wurde kreide­bleich, stellte den Karabiner weg, holte aus seiner Tasche Zigaretten, zündete sich eine an und gab auch dem Russen eine ab… Weiterlesen

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Kriegsgefangene wurden zu zivilen Zwangarbeitern gemacht: Sterblichkeit im Dorstener Lagerlazarett am Beispiel der italienischen Militär-Internierten im Jahr 1944 – amtliche Totenliste

Tönsholt: Lager für Militär-Internierte der Badoglio Armee

W. St. – Nachweise über Todesfälle von italienischen Militär-Internierten, auch Angehörige der „Badoglio-Armee“ genannt, im Dorstener Lazarett im Jahre 1944. Allesamt wurden sie auf dem katholischen Friedhof St. Paulus in Dorsten-Hervest bestattet, bevor die meisten nach dem Krieg in ihre Heimatorte überführt werden konnten. Auffallend ist das junge Alter der 213 aufgeführten Soldaten, die jüngsten gerade 17 Jahre alt, die meisten Anfang und Mitte zwanzig. Sterbegründe sind keine Kriegsverletzungen. Als Todesursachen sind vor allem Lungenkrankheiten, Kreislauf- und Herzschwächen angegeben – und das bei 20-Jährigen. Das lässt auf vorangegangene mangelhafte Unterbringung und Verpflegung sowie im Lazarett auf mangelhafte Versorgung schließen. Es gibt aber auch Hinweise auf Gewalt wie Schädelbruch und Wirbelsäulenbruch.
Italienische Militär-Internierte waren in Dorsten in verschiedenen Lagern zusammengefasst, vor allem in Tönsholt und im Lager an der Schleuse, aber auch in Scheunen, Sälen und Nebengebäuden von Gaststätten in der Stadt und in den Dörfern verteilt, wo sie u. a. bei den Bauern arbeiten mussten. Die Häuser der heute noch bestehenden Siedlung Tönsholt wurden eigens für italienische Militär-Internierte gebaut. An der Schleuse stehen nur noch wenige Gebäude des einstigen Lagers. Weiterlesen

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Über 58.000 Kriegsgefangene in Dorstener Lagern

W. St. – Ein vollständiger Überblick über die Zah­len der in Dorstener Lagern einquartier­ten Kriegsgefangenen kann heute nicht mehr gegeben werden. Im Jahre 1943 war die damalige Wehrmachtsauskunftsstelle für Kriegerverluste und Kriegsgefangene von Berlin nach Thüringen verlagert wor­den. Das Material des Referats »Fremd­ländische Gefangene« war im April 1945 in der Drachenberg-Kaserne in Meinin­gen untergebracht und wurde dort von amerikanischen Truppen beschlagnahmt. Nach Besichtigung durch eine Kommis­sion alliierter Offiziere wurden die Akten über westalliierte Kriegsgefangene in Ki­sten verpackt und Ende Mai 1945 abtrans­portiert.

Am 5. Juli 1945 waren sowjetische Trup­pen in Meiningen. Diese ließen das sehr umfangreiche Schriftgut über sowjetische Kriegsgefangene ebenfalls verpacken und brachten es Mitte August 1945 in 337 Ki­sten mit unbekanntem Ziel fort.

Nach den wenigen Unterlagen konnte die »Deutsche Dienststelle für die Benach­richtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht« in Berlin feststellen, dass es in Dorsten zwei eigenständige Kriegsge­fangenenlager gegeben hat: Oflag VI/E Dorsten (Lager an der Schleuse) und M-Stalag VI/J Fichtenhain Krefeld mit Zweiglager Dorsten. Bewacht wurden die Lager von Teilen der Landesschützenba­taillone 319, 470/XX/VI, 474 und 479. 1941 waren in Dorstener Mannschaftsla­gern insgesamt 18.565 Kriegsgefangene untergebracht, von denen 17.590 im Ar­beitseinsatz standen: 14.263 Franzosen, 6 Engländer, 2.719 Polen, 1.140 Kriegsge­fangene aus südosteuropäischen Staaten, 437 Russen.

1942 erhöhte sich die Gesamtzahl auf 23.302, 1943 auf 58.288 (darunter über 23.000 Franzosen, 12.000 Russen und 24.000 Italiener); 1944 waren es noch 35.052 Kriegsgefangene.

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Studie: Mehr als 40.000 Nazi-Zwangslager in Europa
Laut einem Bericht der New York Times haben die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs 42.500 Zwangsarbeits- und Gefangenenlager, Konzentrationslager und Ghettos in Europa errichtet. Bislang waren Historiker von rund 7.000 solcher Orte der Nazi-Verbrechen im besetzten Europa ausgegangen. Die Studie zeige auf, wie die Nationalsozialisten ihr Lagernetzwerk von Frankreich bis Russland ausdehnten, schrieb die Zeitung. Die meisten Lager seien in Polen und Deutschland errichtet worden. Bislang sei ihre Existenz nur regional bekannt gewesen. Die Forscher unter der Leitung von Geoffrey Megargee und Martin Dean haben Daten aus etwa 400 Quellen zusammengetragen und ausgewertet. Das gesamte Ausmaß sei nun zum ersten Mal dokumentiert: wo sich die Lager befanden, von wem sie geleitet wurden und mit welchem Ziel sie errichtet wurden. – Der Studie zufolge entstanden die Lager kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933. Allein die Anzahl der Lager – in Berlin seien es 3.000 gewesen, in Hamburg 1.300 – ließe keinen Zweifel daran, dass die Deutschen über deren Existenz informiert waren, sagte der Wissenschaftler Dean der New York Times (ZEIT-Online

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