In Lembeck flog Weihnachten 1946 ein Militär-LKW in die Luft – Neun kriegsgefangene Soldaten starben

Friedhof Lembeck: In der vorderen Reihe befinden sich die Gräber der bei der Explosion getöteten deutschen Soldaten; Foto: Wolf Stegemann

Von Wolf Stegemann

Wer den Kriegsgräberfriedhof in Lembeck besucht und durch die Reihen der stei­nernen Kreuze geht, wird verwundert lesen, dass neun deutsche Soldaten anderthalb Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs gefallen sind.

Die Kreuze sind mit Namen und Lebensdaten versehen: Kurt Menzel (21 Jahre), Heinz Lehwald (27), Gerhard Niehus (26), Alfons Goliasch (29), Alfred Walk (22), Günter Takas (26), Adolf Klostereit (21), Peter Koschwitz. (19), Heinz Fahrentholz (22). Alle Namen tragen dasselbe Sterbedatum: 23. Dezember 1946. Was ge­schah damals, einen Tag vor dem heiligen Abend? Weiterlesen

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KPD/SPD: Sie waren die Männer und Frauen der ersten Stunde. 1945 kämpften Kommunisten und Sozialdemokraten gemeinsam für die Lebensbedürfnisse der Dorstener

SPD-Wahlplakat 1946

Von Hiltrud Landua

Eine begründete Vorbemerkung zu diesem Kapitel sei gestattet: Schon früh fanden Zeit- und Parteigeschichtsforscher Interesse an der Politik der Sozialdemokratischen Par­tei des Nachkriegsdeutschlands und insbe­sondere an der Rolle des Vorsitzenden Kurt Schumacher. Dagegen wurde die Geschichte der SPD nach 1945 in den Bundesländern und Parteibezirken nur ansatzweise er­forscht, auf regionaler und lokaler Ebene bis Mitte der 1980er-Jahre stark vernachlässigt.

Spuren der Nachkriegs-KPD in Dorsten sind kaum vorhanden. Es gibt nur noch wenige Beteiligte, die die Geschichte der KPD-Gründung aus dem engen Sichtbereich des eigenen Miterlebens her kennen. Erinnerun­gen mit all ihren Vorbehalten sind das Ein­zige, das wiedergegeben werden kann. Die Geschichte der KPD ist bis heute ein Tabu-Thema. 1956 als verfassungsfeindlich verbo­ten, wurden Parteiunterlagen beschlagnahmt oder vernichtet; etliche Mitglieder sagten sich los, andere gingen wieder einmal in die Illegalität oder wurden mit Zuchthaus­ oder Gefängnisstrafen verurteilt. Darunter der Dorstener Edmund Labendz, der später der SPD angehörte und heute Mitglied der Linken ist. Weiterlesen

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CDU: Die christliche Verantwortung motivierte zu politischem Engagement – Die Partei fand Rückhalt in der Bevölkerung von Stadt und Land

CDU-Wahlplakat 1946

Von Hiltrud Landua

Die Gründungsmitglieder der CDU in Dor­sten berichten, dass man sich bereits im Au­gust 1945 zusammen fand. Protestanten und Katholiken wollten in Zukunft gemeinsam dafür sorgen, dass christliche Werte das Fun­dament für die Politik bilden. Dieser sehr frühe Termin lässt sich dadurch erklären, dass einige Mitglieder der ersten Stunde beim Volkssturm waren und nach dem Zusammenbruch bei der mühsamen Rückkehr durch ganz Deutschland umher irrten. Die meisten waren Wochen unterwegs und hatten so Gelegenheit, an der überall stattfinden­den Diskussion um die deutsche Zukunft teilzunehmen. Wie anderswo gelangte man zu der Ansicht, dem Zentrum den Rücken zu kehren und eine breite, überkonfessionelle christliche Basis zu schaffen zur Überwindung des alten Parteienzwists. Kirchliche Kreise um den ka­tholischen Pfarrer Westhoff und Pater Ge­rold aus dem Franziskanerkloster unterstütz­ten diese Bestrebungen. In einer Kleinstadt wie Dorsten waren förmliche Verabredun­gen in der Anfangszeit nicht nötig. Man traf sich auf der Straße oder nach dem Gottes­dienst. Diese einfachen Begegnungsmög­lichkeiten gestatteten die rasche Parteigrün­dung im August. Man konnte sofort zur Tat schreiten, als die britische Besatzung Mitte August die Gründung demokratischer Par­teien zuließ. Obgleich in der ersten Zeit keine Aussicht bestand, dass die Parteien zu Trägern politischer Verantwortung würden, konnten sie doch gerade diese Anfangsphase zur Standortbestimmung und zur Er­arbeitung politischer Wert- und Zielvorstel­lungen nutzen. Weiterlesen

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Kohle, Kumpel, Lebensmittel – Bergarbeiter organisierten 1945 in Hervest-Dorsten den Neubeginn

Von Dr. Arnold Bettin und Dr. Angelika Jacobi-Bettin

„Nein, das darf nie wieder vorkommen, dass wir uns gegenseitig befeinden.“ Diese Worte Paul Schälligs, eines bereits in der Weimarer Republik aktiven Sozialdemokraten und nach 1945 langjährigen Betriebsratsvorsit­zenden der Schachtanlage Fürst Leopold, kennzeichnen zugleich leidvolle Erfahrung und Anspruch der gewerkschaftlichen und politischen Arbeiterbewegung nach der Be­freiung vom Faschismus. Am eigenen Leib hatten viele der im März 1945 wieder aktiven Männer und Frauen schmerzhaft die Folgen der Grabenkämpfe der Arbeiterbewegung vor der nationalsozialistischen Machtergrei­fung erleiden müssen. Auf gewerkschaftli­chem Gebiet sollte deshalb die Spaltung in sozialdemokratische, kommunistische und christliche Richtungen überwunden werden.

KPD-Wahlkampfplakat 1946

Solidarität wurde auf eine harte Zerreißprobe gestellt

Im Mittelpunkt des gewerkschaftlichen Neu­beginns standen in Dorsten wie im gesamten Ruhrgebiet die Bergarbeiter. Deshalb sollen hier vornehmlich ihre Anstrengungen zum Wiederaufbau einer eigenen demokrati­schen Organisation beleuchtet werden. Getragen wurde die Reorganisation der Dorste­ner Bergarbeitergewerkschaft vornehmlich von erfahrenen Betriebsräten, deren Per­spektiven durch die lebensgeschichtlichen Erfahrungen in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus geprägt waren. Es fanden sich, um nur einige für viele andere stellvertretend zu nennen, Fritz Klein, Paul Schällig, Gerhard Hellmann, Wilhelm Hahneiser, Richard Weidner, Franz Wobbe, Hein­rich Schröter und Friedrich Olschewski als Vertreter aller politischen Richtungen zu­sammen; sie bereiteten die vorläufige Grün­dung der Schachtgewerkschaft am 17. Juni 1945 vor. Weiterlesen

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Die Not der frühen Jahre – Aus dem Bewusstsein der Hunger leidenden Menschen die bürgerliche Moral verdrängt

Ruinenkinder

Von Wolf Stegemann

Nach der Stunde Null, die eigentlich keine war,  durften die Deutschen ohne Einwilligung der Sieger nichts mehr tun. Nur noch in ihren Häusern oder Kellern sitzen, ihrer Arbeit nachgehen, so sie eine hatten, im Winter frieren und ansonsten hun­gern, hungern, hungern…

Extremer Mangel an allem

Schon zu Beginn des Krieges, als die Einfuh­ren wegfielen, wurden Fleisch, Fett, Zucker und Nährmittel rationiert. Nach dem Krieg war zudem die Landwirtschaft zerstört; die Ostgebiete mit einem Viertel der Gesamtflä­che des Reiches waren verloren gegangen. Die Ausplünderung der einst besetzten Län­der war beendet, noch vorhandene Bestände waren schnell verbraucht oder flossen in dunkle Kanäle. In kurzer Zeit strömten zwölf Millionen Flüchtlinge und Vertriebene – in der Zahl etwa der damaligen Bevölke­rung Kanadas gleich – in das westliche Rest­gebiet Deutschlands.

Hunger, extreme Wohnungsnot und Mangel an Brennmaterial wurden durch den Fortfall funktionierender Verkehrsverbindungen verschärft. Diese Nöte wenigstens zu lin­dern, eine minimale Versorgung zu sichern und den Mangel gerecht zu verteilen, das ge­hörte zu den kaum lösbaren und höchst un­dankbaren Aufgaben der anfangs nur frag­mentarisch vorhandenen kommunalen Ver­waltung. Weiterlesen

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