Kriegsheimkehrer – „Heim zu Muttern“ – 1953 mit Fähnchen, Musik und Chorälen empfangen

Kriegsheimkehrer; Foto Ernst Haas - art-port (hier: Symbolbild)

Von Wolf Stegemann

Kriegsheimkehrer oder Heimkehrer wurden  deutsche Soldaten des Zweiten Weltkriegs genannt, die aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehren konnten. Schätzungsweise drei Millionen deutsche und österreichische Soldaten waren von 1941 bis 1945 in sowjetische Gefangenschaft geraten und blieben es auch noch zum Teil bis 1955. Die westlichen Alliierten hatten ihre deutschen Kriegsgefangenen im Wesentlichen bis Ende 1946 in ihre Heimat entlassen. Im Amtsbezirk Hervest-Dorsten waren im Jahre 1950 noch 29 Kriegsgefangene und 855 ehemalige Wehrmachtsangehörige als vermisst gemeldet. Der Landwirt und frühere Panzergrenadier Wilhelm Kleine-Besten aus Altendorf-Ulfkotte war „Prisoner of War“ in den USA. Im Mai 1946 wurde er von den Vereinigten Staaten nach Liverpool in Großbritannien verschifft und kam in verschiedene Arbeitslager. Er berichtete in „Dorsten nach der Stunde Null“, dass die deutschen Kriegsgefangenen in drei Stufen eingeteilt waren: A-weiß-NS-Gegner, B-grau-politisch uninteressiert und C-schwarz-Nationalsozialisten. Die Männer der Gruppen A und B wurden bevorzugt entlassen. Kleine-Besten kam 1948 über Holland nach Dorsten zurück.

Kriegsgefangene Deutsche in der Sowjetunion wurden in großen Prozesswellen wegen Kriegsverbrechen kollektiv angeklagt und zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Hans Ennepoth, ein weiterer Altendorfer, geriet in der Tschechoslowakei in sowjetische Gefangenschaft und musste im Donezbecken und in Charkow arbeiten. 1949 wurde er entlassen. Jedem Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft standen 40 Mark Entlassungsgeld zu. Vom Amt Marl, zu dem damals Altendorf-Ulfkotte gehörte, bekam Ennepoth weitere 25 Mark Entlassungsbeihilfe und 90 Mark Sonderbeihilfe aus Landesmitteln. Weiterlesen

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Währungsreform 1948 – Schlangestehen für 40 Deutsche Mark

Der neue 100 DM-Schein 1948

W. St. – Acht deutsche hochqualifizierte Experten, die dem Währungsausschuss des Wirtschafts­rates angehörten, feilten 1948 zusammen mit Vertretern der Militärregierungen der USA, von England und Frankreich 49 Tage lang am Programm der Abschaffung der Reichsmark und dem der Einführung der Deutschen Mark. In einer Kasernenanlage nahe Kassel abgeschirmt, legten sie in strikter Geheim­haltung den 21. Juni 1948 als Stichtag für das neue Geld fest. Mit einer Währungsreform rechnete die Bevölkerung schon seit 1946. Immer wieder tauchen in den Ratsprotokol­len der Stadt Dorsten und des Amtes Hervest-Dorsten von 1947 Hin­weise auf eine bevorstehende Reform des Geldes auf. Dieser »Tag X« spukte in den Köpfen von Kaufleuten, Politikern und Kon­sumenten. Weiterlesen

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»Und neues Leben blüht aus den Ruinen« – Die Anfänge des Volksbildungswerks in Dorsten 1948

Der Hunger nach Bildung war nach dem Krieg groß

Von Wolf Stegemann

Wenngleich die Kultur im Leben der Men­schen des Dritten Reiches ein Bereich war, den das Regime trotz Scheiterhaufen und Verdikten nie ganz hatte gleichschalten kön­nen, verboten 1945 die Alliierten den Deut­schen dennoch jegliche Art von freier kultu­reller Meinungsäußerung. Drei Tage nach der Kapitulation erging die »Informations­kontrollvorschrift Nr. 1«. Presseveröffentlichungen, Film, Theater,  Musik- und Unterhaltungsveranstaltungen waren von einer Li­zenz, einer besonderen Genehmigung der al­liierten Besatzungsbehörden abhängig. Dies blieb in den westlichen Besatzungszonen bis 1949 so, obgleich schon bald deutsche Stellen an den Verfahren teilnehmen durften. Nichts schien die Deutschen nach der Stunde Null mehr zu faszinieren als Theater und Mu­sik. Das mag auch daran gelegen haben, dass der Geist, im Gegensatz zum Schinken, ohne Marken erhältlich war. Weiterlesen

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Nazi-Fluchtweg Südtirol – Wie Kriegsverbrecher mit Hilfe der katholischen Kirche über Italien nach Übersee entkamen: Eine Studie des Historikers Gerald Steinacher über die Helfer der NS-Netzwerke

Der gefälschte Eichmann-Pass auf den Namen Klement

Von Gerhard Mummelter, Rom

Das vergilbte Ausweisbild zeigt ein ernstes Gesicht mit gepflegtem Schnurrbart, Hornbrille und dunkler Fliege. Der Mann, der am 17. Juni 1950 im Hafen von Genua den Dampfer nach Buenos Aires bestieg, wies sich als Riccardo Klement aus, wohnhaft im Südtiroler Weindorf Tramin. An einer Überprüfung seiner Identität zeigte sich niemand interessiert. Warum auch? Zehntausende waren es, die nach dem Krieg nach Übersee auswanderten – auf der Suche nach einer neuen Existenz. Millionen strömten nach 1945 durch Mitteleuropa: Zwangsarbeiter, Flüchtlinge, Vertriebene, Staatenlose, Gestrandete, Täter und Opfer, Nationalsozialisten und Juden. Weiterlesen

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Alt-Nazis unterwanderten 1953 die NRW-FDP, um NS-Gedankengut wieder salonfähig zu machen. Englische Polizei verhaftete den „Gauleiter-Kreis“ mit Werner Naumann an der Spitze

Dr. Werner Naumann wird am 19. Februar 1953 in Bielefeld als NS-Verschwörer verhaftet; Foto: AP

Von Wolf Stegemann

Die FDP wurde 1953 von ehemaligen Nazi-Chargen unterwandert. Ihr Wortführer war der frühere Staatssekretär Dr. Werner Naumann, der die FDP zu einer „NS-Kampftruppe“ machen wollte. Das gelang nach anfänglichem viel versprechendem Erfolg dann doch nicht. Die Verschwörer um Goebbels‘ einstigen Staatssekretär Naumann weiteten ihren Einfluss so weit aus, dass die Briten einschritten – in letzter Minute.

Die Freie Demokratische Partei (FDP) machte sich in der britischen Besatzungszone bzw. Nordrhein-Westfalen dafür stark, dass sie schon Anfang der 1950er-Jahre nicht mehr viel wissen wollte von der Schuld der Deutschen, deren mörderisches Wüten in den Konzentrationslagern und in den besetzten Gebieten, an den Fronten und in der Heimat. Zwar war dies alles bekannt, doch noch nicht aufgearbeitet. Weiterlesen

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